27.11.2024, 10:30 Uhr
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Die Weltraumwirtschaft ist den Kinderschuhen entwachsen. Zu dem Schluss kommt Michael Barr von Neuberger Berman. Er hält Investment-Chancen der Weltraumwirtschaft für vergleichbar mit denen der Smartphone-Industrie.
Wenn Lieferketten und Logistik schon auf der Erde an ihre Grenzen stossen, wirkten Investitionen in die Weltraumwirtschaft wie eine Verschwendung von Kapital. "Tatsächlich spielt die Weltraumwirtschaft aber eine entscheidende Rolle bei der Lösung einiger unserer drängendsten Probleme – und sie wird immer wichtiger. Sie macht Lieferketten krisenfester, verbessert die Welternährungslage, fördert die Konnektivität unserer immer stärker vernetzten Wirtschaft und hilft beim Kampf gegen den Klimawandel, nicht zuletzt durch bessere Messverfahren", sagt Michael Barr, Senior Research Analyst bei Neuberger Berman und stellt die Frage in den Raum: "Warum ist die Weltraumwirtschaft plötzlich so wichtig geworden, und warum verändert sie schon jetzt unser Leben?"
Mehr als 50 Jahre lang sei der Weltraum die Domäne weniger Länder und Forschungsinstitute gewesen, so Barr. Um immer komplexere und teurere Technik in die Erdumlaufbahn zu schicken, brauchte man ein immer aufwendigeres Risikomanagement. Mancher Raketenstart kostete über 100 Mio. USD.
Um die Kosten zu senken, gründete Elon Musk 2002 SpaceX – und löste damit eine Revolution aus. Nach Angaben des Center for Strategic and International Studies erfordert ein Raketenstart jetzt nur noch ein Zehntel der Kosten von vor 20 Jahren. "Bei Kosten von lediglich 2 oder 5 Mio. USD können sehr viel mehr Unternehmen die Chancen des Weltraums nutzen", stellt Barr fest.
Hinzu komme der technische Fortschritt, durch den der Weltraum sehr viel mehr Möglichkeiten bietet. Die Übertragungskapazität des Internets hat sich verzehnfacht, die Übertragungsgeschwindigkeit ist von 300 auf 3 Millisekunden zurückgegangen, und Kameraobjektive sind hundertmal so scharf geworden, nennt Barr einige Beispiele. Satelliten können heute sehr viel mehr, als einfach nur Fernsehsendungen zu übertragen und das Wetter zu beobachten.
Anhand der Entwicklung des Smartphones lässt sich laut dem Analysten gut verdeutlichen, mit welchen Investmentchancen Neuberger Berman rechnet. Er erläutert: "Es begann mit der grundlegenden Infrastruktur: Was damals die Smartphone-Hersteller waren, sind heute Firmen wie SpaceX und Rocket Lab, die grössten Anbieter kommerzieller Raketenstarts, oder die Produzenten von Satelliten und ihren Einzelteilen. Dann kamen die Enabler: die App-Stores, das neue Interface der Smartphones. In der Weltraumwirtschaft entsprechen dem die Anbieter von Cloud-Infrastruktur und innovativer Computertechnik, aber auch Hersteller von Remote-Sensoren und modernsten Kameras und Objektiven. Für viele Unternehmen ergeben sich dadurch neue Chancen – auf der Erde wie im Weltraum. Die Firmen, die diese Chancen dann nutzen, entsprechen den Anbietern von Smartphone-Apps. Sie sind die dritte Säule. Hier ist mit dem grössten Wachstum zu rechnen."
Barr kommt zurück zu den Herausforderungen von heute und den revolutionären Apps, die sie lösen können: Satellitentechnologie könne nicht die ukrainischen Häfen wieder öffnen oder mehr LKW-Fahrer ausbilden. Die Kombination von mehr Satelliten, besseren Objektiven, höherer Übertragungsgeschwindigkeit und grösseren Datenmengen erlaube aber dank hoher Bildauflösung und globaler Perspektive Logistikentscheidungen in Echtzeit. Dadurch können die Lieferketten effizienter werden. Man könne aber auch schneller auf Störungen reagieren, egal, ob sie die Folge eines Krieges oder eines Frachtschiffs seien, das den Suezkanal blockiert.
Natürlich lasse sich aus dem Weltraum auch der ukrainische Getreidemarkt nicht wieder öffnen. Präzisionslandwirtschaft auf der Basis von Informationen, die Satelliten liefern, könne aber auch in anderen Regionen die Nahrungsmittelproduktion effizienter machen. Mit besseren Sensoren liessen sich nicht nur Daten zum Wetter, sondern auch zu Qualität, Temperatur und Feuchtigkeit von Böden gewinnen. "Sie fliessen dann in automatisierte Pflanzsysteme ein, sodass an den richtigen Stellen und zum richtigen Zeitpunkt Saatgut ausgebracht wird, um den Ertrag zu maximieren. Dadurch lassen sich Wasserverbrauch, Düngereinsatz und Kosten senken", so Barr.
Wenn die gängigen Sendemasten und Datenkabel um Satelliten ergänzt werden, werde auch die weltweite Vernetzung sehr viel effizienter und kostengünstiger, einschliesslich der Anbindung abgelegener Regionen. Der Mobilfunk habe die Wirtschaft vieler Emerging-Market-Länder bereits stark verändert. Kostengünstige Satellitenkommunikation könne aber noch sehr viel mehr leisten. Aus Fahrtvermittlungs-Apps seien schon jetzt grosse Unternehmen entstanden, die satellitengestützte GPS-Technik verwenden. Durch eine noch bessere Konnektivität würden solche Dienstleistungen wirklich global.
Wie der Senior Research Analyst bei Neuberger Berman weiter erklärt, können Satelliten auch helfen, Lücken im Mobilfunknetz zu schliessen. Eine schnelle Übertragungsgeschwindigkeit erlaube jene friktionslose Konnektivität, die für das Internet der Dinge unumgänglich ist. Erstmals könnten auch die Eigentümer abgelegener Einrichtungen wie Offshore-Windparks oder Öl- und Gaspipelines kontinuierlich Echtzeitdaten zur Leistung und zum Wartungsbedarf empfangen.
Weltraumbasierte Lösungen würden auch deshalb immer wichtiger, weil unsere Klima- und Umweltherausforderungen global sind. "Die Entwaldung, der Anstieg des Meeresspiegels und das Schmelzen der Polkappen werden schon seit Jahren aus dem Weltraum beobachtet. Ein noch besseres Monitoring durch Satelliten, bessere Sensoren und hochauflösende Objektive ermöglicht jetzt auch die präzise Messung diverser ökologischer Veränderungen", sagt Barr.
Unternehmen könnten jetzt aus erster Hand überprüfen, ob ihre Zulieferer Rohstoffe wirklich nachhaltig beschaffen. Sie könnten etwa die Zerstörung von Wäldern zur Errichtung von Palmölplantagen aufdecken. Weil wir Treibhausgasemissionen mithilfe von Satelliten immer besser nachverfolgen könnten, würden wir jetzt wissen, dass wir sie bisher unterschätzt haben. Hinzu kämen Chancen für Technologien und Datenanalysen, die eine genauere und fairere CO2-Regulierung, -Bepreisung und -Besteuerung ermöglichen.
"Wenn die Möglichkeiten schier endlos scheinen, hat das einen einfachen Grund: Weltrauminfrastruktur und Weltraumtechnologie lassen nicht nur neue Wirtschaftszweige entstehen, sondern bieten auch Unternehmen der erdgebundenen Wirtschaftsbereiche neue Chancen", betont Barr.
Heute hat die Weltraumwirtschaft laut dem Analysten ein Volumen von etwa 400 Mrd. USD. Über 50% davon entfallen auf Alt-Aktivitäten wie Rundfunk und staatliche Dienstleistungen. Branchenanalysten halten ein Wachstum auf etwa 1,2 Bio. USD bis zum Jahr 2035 für möglich. Etwa drei Viertel davon würden auf neue Aktivitäten entfallen, wie sie oben beschrieben wurden.
"Die Weltraumwirtschaft ist den Kinderschuhen entwachsen. Zum Glück braucht man nicht selbst zum Mond zu fliegen, um von ihr zu profitieren oder in sie zu investieren", sagt Barr abschliessend.