20.11.2024, 15:24 Uhr
In einem Umfeld fallender Zinsen treten die Vorteile der oft übersehenen US-Mid-Cap-Werte in den Vordergrund, schreibt Dina Ting von Franklin Templeton.
Das Königreich Saudi-Arabien wurde offiziell zum MSCI Emerging Market Status hochgestuft. Bassel Khatoun und Salah Shamma von Franklin Templeton Emerging Markets Equity beleuchten die Bedeutungen dieses Entscheides für Anleger.
Die Entscheidung MSCIs, Saudi-Arabien in seinen Schwellenmarktindex aufzunehmen, stellt eine Anerkennung der positiven Veränderungen dar, die der Kapitalmarkt des Landes während der letzten fünf Jahre durchlaufen hat. Khatouns und Shammas Meinung nach stellt Saudi-Arabien eine höchst interessante Wachstumsstory dar. Die Aufnahme Saudi-Arabiens in den Schwellenmarktindex, die in zwei Phasen im Mai und August 2019 stattfinden wird, dürfte laut Angaben der Experten den Kapitalmarkt des Königreichs grundlegend verändern und positive Auswirkungen auf die MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) insgesamt haben.
Der Schritt von MSCI folgt auf die zu Beginn dieses Jahres von FTSE Russell getroffene Entscheidung, den saudischen Aktienmarkt innerhalb der FTSE Russell Global Equity Index Series mit Wirkung zum März 2019 als "sekundären Schwellenmarkt" einzustufen, halten die Experten fest.
Zunehmende Auslandsinvestitionen und Liquidität
Die Börse des Königreichs umfasst bereits heute Auslandsanlagen in Höhe von ca. 9 Mrd. USD. Der neue Schwellenmarktstatus dürfte Saudi-Arabien laut Khatoun und Shamma erhebliche weitere Kapitalzuflüsse aus dem Ausland bescheren, die sich langfristig auch in den umliegenden Ländern positiv bemerkbar machen könnten.
Selbst nach den jüngsten Kapitalzuflüssen halten Ausländer lediglich 1,8% der Tadawul. Im Vergleich dazu sind Ausländer zu 14,0% am Markt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Berechnungen der Investitionsgesellschaft zufolge zu 9,2% am Markt von Katar beteiligt. In dieser Hinsicht hinkt Saudi-Arabien also noch hinterher.
Khatoun und Shamma gehen davon aus, dass die Neuinvestitionen in Saudi-Arabien vorwiegend aus anderen im Index vertretenen Schwellenländern stammen werden, wie China, Korea und Taiwan. Die umliegenden Länder würden wohl kaum eine bedeutende Finanzierungsquelle für Saudi-Arabien darstellen werden zumindest in der näheren Zukunft. Auf längere Sicht könnten die Wirkungen auf die Nachbarländer erheblich sein. So gehen die Experten davon aus, dass die Aufnahme in den MSCI EM Index eine Neubewertung der MENA-Märkte auslösen könnte, während sich Anleger nach Chancen in der Region ausserhalb Saudi-Arabiens umsehen. Kuwait könnte nach ihrer Ansicht nach bald in die Fussstapfen Saudi-Arabiens treten und von MSCI ebenfalls auf Schwellenlandstatus heraufgestuft werden.
Die Reformerfolge Saudi-Arabiens
Laut Angaben der beiden Experten dürften die besser werdenden Fundamentaldaten Anleger ebenfalls anlocken. Eine Kombination aus höheren Ölpreisen und niedrigeren Defiziten haben einen Anstieg der Staatsausgaben nach sich gezogen, was wiederum dem nicht ölbezogenen Bruttoinlandsprodukt (BIP) Auftrieb verliehen und das Wachstum der Unternehmensgewinne beschleunigt hat. Auch die Ergebnisse der breiteren wirtschaftlichen und sozialen Reformagenda des Königreichs machen sich allmählich bemerkbar. Da sich das Haushaltsdefizit deutlich verringert hat, obwohl Haushaltsausgaben auf Rekordniveau angekündigt wurden, sind die Experten der Ansicht, dass sich die wirtschaftlichen Fundamentaldaten insgesamt weiter verbessern und dass sich dies auch in den Unternehmensgewinnen niederschlägt.
Die von den Experten erwartete Zunahme der Kapitalströme in das Königreich hinein sollten für das Anlageumfeld im Vorfeld des Börsengangs von Saudi Aramco äusserst förderlich sein. Und da die saudische Regierung beabsichtigt, die Anzahl der an der Tadawul notierten Unternehmen bis 2022 von 180 auf 250 zu erhöhen, dürfte dies nach Einschätzung von Khatoun und Shamma nach erst der Beginn einer langfristigen Erweiterung und Vertiefung des Aktienmarkts sein.
Indizes haben inzwischen einen sehr starken Einfluss auf die Kapitalströme an den Aktienmärkten. Angesichts des massiven Kapitals in Höhe von 1,9 Bio. USD, das den MSCI EM Index nachbildet, könnte gemäss Einschätzungen der Experten eine Ländergewichtung von 2,6% für Saudi-Arabien einen zusätzlichen Zufluss ausländischen Kapitals in Höhe von 40 Mrd. USD bedeuten, wenn sich diese Benchmark-Gewichtung als richtig erweist. Dies ist vor dem Hintergrund der bisherigen Kapitalströme in die Tadawul beispiellos. Franklin Templetons Analysen zufolge könnte sich der Markt, dessen Kapitalisierung derzeit bei ca. 536 Mrd. USD liegt, durch den Börsengang von Saudi Aramco möglicherweise um weitere 50 Mrd. USD vergrössern. Dies ist gemäss den Experten ein nicht zu vernachlässigender Faktor, wenn man berücksichtige, dass die Nettokapitalzuflüsse zum saudischen Markt während der letzten zehn Jahre mit insgesamt ca. 1,9 Mrd. USD lediglich einem Bruchteil dieses Betrags entsprechen.
Einige Unsicherheiten bleiben bestehen
Trotz der Veränderungen gibt es immer noch Bereiche, in denen Unsicherheit besteht. So könnten nach Ansicht der Experten niedrigere Rohölpreise beispielsweise die kurzfristigen Wachstumsaussichten des Königreichs dämpfen. Die wirtschaftlichen Reformen werden sich fortsetzen müssen, wenn es dem Land gelingen soll, den Ölpreis zu senken, bei dem es einen ausgewogenen Haushalt erzielt. Die Auswirkungen der im vergangenen Jahr durchgeführten Massnahmen zur Bekämpfung von Korruption stellen für Khatoun und Shamma einen weiteren Faktor, der nicht ausser Acht gelassen werden darf.
Es wurden zwar mehrere Schritte unternommen, um Anleger zu beruhigen, es wird für das Königreich jedoch sehr wichtig sein, auch weiterhin am jetzigen Kurs festzuhalten. Darüber hinaus muss schliesslich noch jeglicher Anstieg der geopolitischen Spannungen genau im Auge behalten werden, da eine ungünstige Entwicklung die Zuversicht der Anleger dämpfen könnte.
Die bisherigen Erfahrungen mit anderen Ländern, die in den MSCI EM Index aufgenommen wurden, sind ebenfalls ermutigend. Laut den Experten lässt sich Analysen zufolge auf ein erhöhtes Interesse der Anleger am Aktienmarkt in den ein bis zwei Jahren vor der Heraufstufung schliessen. Wie die nachfolgende Grafik zeigt, konnten sowohl Russland als auch Malaysia, Katar, die VAE und Pakistan in der Zeit vor Erreichung des Schwellenmarktstatus deutlich zulegen. In den 20 Ländern, die seit 1994 auf MSCI EM-Status heraufgestuft wurden, haben die Märkte in dem letzten Jahr vor ihrer effektiven Aufnahme in den MSCI EM Index eine mittlere Rendite von +55 % erzielt.