17.01.2020, 17:16 Uhr
Apartments auf Zeit sind so gefragt wie nie. Neben Studenten richtet sich Micro Living auch an Young Professionals, Berufstätige im Auslandseinsatz und Langstreckenpendler, sagt Michael Qamar von Corestate.
Innovative Wohnformen bleiben weiterhin eine attraktive Investitionsalternative. Laut Michael Qamar von der Corestate Capital Group verdient dabei das Micro Living-Segment besondere Aufmerksamkeit.
Obwohl die Expertenmeinungen noch vage sind, ist absehbar, dass sich der Immobiliensektor in der Covid-19 Krise als äusserst resilient erweisen dürfte. "Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei das Micro Living-Segment, das auch als 'alternatives Wohnen' bezeichnet wird. Es unterliegt ähnlichen Dynamiken wie das traditionelle Wohnsegment, ist aber deutlich vielseitiger, da es die verschiedensten Lebensphasen unserer Gesellschaft abdeckt", sagt Michael Qamar, Executive Director bei Corestate Capital Group.
Das Spektrum reicht von zeitgemäss ausgestatteten Studentenwohnheimen, die sich vorwiegend an eine internationale Kundschaft richten, über Co-Living-Wohnformen für junge Berufstätige, welche für sechs bis 24 Monate eine temporäre Wohnung mit sozialen Anknüpfungspunkten suchen, bis hin zu Serviced Apartments für langfristig orientierte Geschäftsleute sowie Senior Living-Einheiten, die ein maximal unabhängiges Leben bis ins hohe Alter ermöglichen. "Auch wenn aufgrund der aktuellen Daten noch keine abschliessenden Aussagen gemacht werden können, lassen sich klare Tendenzen ableiten. Wie sich zeigt, sind die Micro Living Sub-Segmente von der Krise unterschiedlich betroffen. Eine differenzierte Betrachtungsweise ist vor diesem Hintergrund angebracht", so Qamar.
Das studentische Wohnen wurde kurzfristig von den Covid-19-Einschränkungen betroffen. Hochschulen haben ihre Tore geschlossen und teilweise auf Distance Learning umgestellt. Zahlreiche internationale Studenten sind vor den Grenzschliessungen zu ihren Familien zurückgekehrt. Viele Betreiber erstatten vor diesem Hintergrund aus Kulanz und im Sinne der Kundenbindung einen Teil der Mieten zurück und verzeichnen teilweise und kurzfristig Ertragsausfälle. Auch für das kommende Semester ist nicht sicher, in welchem Umfang Universitäten wieder öffnen und wann genau Studierende zurückkehren können. "Klar ist jedoch, dass sich der Bedarf nach der Krise wieder auf den alten Niveaus einpendeln wird. Die generelle Nachfrage steigt zudem ungebremst aufgrund der stetig wachsenden Zahl von Studierenden und der grossen Knappheit des Angebots. Ein Blick auf den Anteil der 25- bis 34-jährigen mit tertiärer Ausbildung zeigt dies deutlich: Lag der Anteil 2008 laut OECD noch bei 35,5%, ist dieser auf 51,2% im Jahr 2018 angestiegen", sagt Qamar.
Co-Living, ein noch junges Micro-Living-Konzept, ist im Grundsatz mit regulären Wohnformen oder Wohngemeinschaften vergleichbar. Ein signifikanter Wirtschaftseinbruch und zunehmende Arbeitslosigkeit, die in der Regel auch zu reduzierten Neueinstellungen von jungen Berufstätigen führt, könnte in diesem Sub-Segment einen Nachfragerückgang auslösen. Jedoch biete gerade Co-Living aufgrund der kurzfristigen Mietverträge und Möblierung gegenüber konventionellen Wohnformen auch klare Vorteile. Zudem hätten sich die Anforderungen der jungen Generationen an Wohnraum stark verändert. Gemeinschaftsflächen sowie die Möglichkeit, soziale Kontakte im engeren Umfeld zu knüpfen, würden immer wichtiger und stützten die Nachfrage nach entsprechenden Wohnformen in Ballungsräumen, so Qamar. Investoren profitierten zudem von kurzfristigen Verträgen, welche es ermöglichen, die Mieten laufend an den Marktgegebenheiten anzupassen.
Das Serviced Apartment-Segment wird auf kurze Sicht voraussichtlich am meisten unter der Covid-19-Krise leiden. Der Einbruch im Reiseverkehr und einhergehende Grenzschliessungen wirken sich zu Teilen ähnlich auf die Auslastungszahlen aus, wie es bei Hotels in Grossstädten der Fall ist. Jedoch bedienen Serviced Apartments nebst langfristig orientierten Geschäftsleuten auch die lokale Nachfrage nach temporärem und möbliertem Wohnraum. "Somit sind Serviced Apartments breiter aufgestellt als der traditionelle Hotelsektor. Zudem wird unsere Wirtschaft vermutlich auch nach der Krise von global agierenden Firmen geprägt sein, welche weiterhin mobile Arbeitskräfte benötigen. Hier weisen Serviced Apartments, mit ihrem besseren Preis-Leistungsverhältnis gegenüber Hotels, auch einen defensiven Charakter im Hospitality Sektor aus", sagt Qamar.
Das Segment Senior Living werde voraussichtlich am wenigsten von der aktuellen Krise betroffen sein. Bestandsmieter verfügten über wenige Alternativen und der aktuelle Nachfrageüberhang verspreche eine weiterhin hohe Neuvermietungsquote. Lediglich steigende Anforderungen, zum Beispiel im Bereich Gebäudetechnik (Stichwort verschärfte Hygienevorschriften), könnten die Kostenstruktur leicht negativ beeinträchtigen. Jedoch stütze die anhaltende soziodemographische Entwicklung einer immer älter werdenden westlichen Gesellschaft und der dadurch weiterhin grosse Nachfrageüberhang diesen Sektor auch in den kommenden Jahrzehnten.
"Innovative Wohnformen bleiben weiterhin eine attraktive Investitionsalternative. Der anhaltende Anlagenotstand zwingt vor allem institutionelle Investoren im Markt aktiv zu bleiben. Jedoch erfordert der Micro Living-Sektor nebst dem traditionellen Immobilien-Knowhow auch eine ausgeprägte, operative Expertise für den laufenden Betrieb der Liegenschaften. Vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie lohnt es sich also, genau hinzuschauen und auf den richtigen Partner für diesen langfristig interessanten Sektor zu setzen", betont Qamar.