EZB handelt ohne Not

Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank.
Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank.

Für Thomas Heller von der SZKB stellt sich die Frage, ob es notwendig war, dass die EZB sich für eine noch expansivere Geldpolitik ausgesprochen hat.

07.12.2015, 13:02 Uhr

Redaktion: jog

Die Europäische Zentralbank (EZB) lockert ihre Geldpolitik und die Märkte reagieren verschnupft: die Zinsen steigen, die Aktienmärkte tauchen, der Euro wird stärker. So geschehen letzte Woche, als die EZB ihre geldpolitische Ausrichtung darlegte. Das angekündigte Massnahmenpaket enttäuschte die Marktteilnehmer, sie hatten mit einem grösseren Stimulus gerechnet. Die kontraintuitive Marktreaktion ist damit erklärbar. Sie verdeutlicht aber auch, wie absurd hoch die Erwartungen waren. Nüchtern betrachtet hat die EZB ohne Not gehandelt. Und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen, was das Schüren der Markterwartung betrifft. Zum anderen, was die Notwendigkeit zu handeln als solches anbelangt.

Dass die Erwartungen derart hoch waren, hat sich die EZB selbst zuzuschreiben. Vor gut einem Jahr hatte EZB-Chef Draghi betont, dass er zuerst die Wirkung seiner damals eingeleiteten Massnahmen (Zinssenkung, TLTRO, ABSPP, CBPP) abwarten wolle, bevor er weitere Programme starten werde. Ein nachvollziehbares Vorgehen, da der Transmissionsmechanismus von der Geldpolitik in die Realwirtschaft Zeit braucht. Die ab Oktober erfolgten Ankündigungen, das erst im März zuvor lancierte Kaufprogramm für Staatsanleihen (QE) ausweiten zu wollen, sind vor diesem Hintergrund schwer nachvollziehbar, sind eine Abkehr vom eigenen Credo und haben die Erwartungshaltung unnötig aufgebaut.

Eine Frage der Notwendigkeit
Eine geldpolitische Massnahme nach einem halben Jahr zu beurteilen scheint sehr früh. Tut man es in diesem Fall doch, so spricht zumindest nichts gegen die Wirksamkeit. Was zur Frage nach der Notwendigkeit, noch expansiver zu werden, führt. Und zum zweiten Handeln ohne Not.

Betrachtet man die aktuellen makroökonomischen Daten, so kann die Frage mit 'nein' oder zumindest 'noch nicht' beantwortet werden. Einige Beispiele: Die Kreditvergabe von Banken an Unternehmen wächst seit September nach über drei Jahren wieder. Die Investitionstätigkeit steigt langsam aber stetig an und die Kapazitätsauslastung liegt wieder über ihrem langjährigen Durchschnitt. Das Wachstum der Konsumausgaben hat sich ausserdem zuletzt beschleunigt und die Arbeitslosigkeit bildet sich kontinuierlich zurück. Es herrscht kein Wirtschafts-Boom in der der Eurozone, doch immerhin zeigen die Indikatoren in die richtige Richtung.

Eine Geldpolitik der ruhigen Hand wäre somit auch fundamental gerechtfertigt. Draghi hat anders entschieden. Sein geldpolitischer Spielraum wird kleiner, die Erwartungen werden es allerdings nicht.

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