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Die Luft wird an den Aktienmärkten dünner

Bild: Wikicommons
Bild: Wikicommons

Die Aktienmärkte klettern auf immer neue Höchststände. Ob und wann eine Korrektur eintritt, lässt sich allerdings nicht anhand von Bewertung und Volatilität vorhersagen, meint Lukas Daalder von Robeco Investment Solutions.

13.12.2017, 09:00 Uhr

Autor: elt/cwe

Aktuell läuft die Weihnachts-Rally auf Hochtouren und die Börsen eilen weiter von Rekord zu Rekord. So ist der S&P 500 in diesem Jahr bisher 57 Mal auf einem neuen Allzeithoch aus dem Markt gegangen. Der NASDAQ hat dies sogar schon 70 Mal geschafft und damit jetzt schon seinen Rekord von 61 Allzeithochs aus dem Jahr 1999 gebrochen.

Allerdings macht die Tatsache, dass auf die Rally von 1999 ein Kurssturz folgte, viele Anleger nervös, wie Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco, betont. "Die Sorge vor einer bevorstehenden Korrektur macht sich bei jedem neuen Allzeithoch breit", so Daalder weiter, dessen Multi-Asset-Fonds weiterhin in Aktien übergewichtet ist. "Wenn man die von den grossen Banken und Institutionen herausgegebenen Ausblick-Publikationen durchliest, stellt man fest, dass vorsichtiger Optimismus das zentrale Thema ist, wobei die Betonung klar auf ‚vorsichtig’ liegt."

Einen Börsencrash vorherzusagen, ist keine exakte Wissenschaft. Ökonomen und Wissenschaftler können sich noch nicht einmal darauf einigen, was ein Bärenmarkt ist. Weiter sind gemäss Daalder nicht alle Aktien durch den anhaltenden Bullenmarkt teuer geworden.

Luftige Höhen
"Die Bewertungskennzahlen von US-Aktien haben luftige Höhen erreicht, während die Kreditrisikoaufschläge zurückgegangen sind – ungeachtet der Verschlechterung der Kreditqualität und der zunehmenden Gesamtverschuldung. Es überrascht nicht, dass sich immer mehr Analysten fragen, ob, wann und wie die derzeitige Rally in den riskanten Segmenten der US-Finanzmärkte zu Ende gehen wird", meint Daalder. Auch die EZB wies bei einer kürzlich durchgeführten Überprüfung der Finanzstabilität auf das hohe Bewertungsniveau des US-Aktienmarkts hin und mahnte, dass eine Korrektur an diesem Markt auch für die wesentlich billigeren europäischen Aktienmärkte ein Risiko wäre. Somit stellt sich die Frage, ob eine solche Korrektur Auslöser für einen Bärenmarkt wäre.

Gemäss Definition setzt ein Bärenmarkt eine Korrektur um 20% gegenüber dem vorherigen Höchststand voraus. Bei genaueren Betrachtung, werfe diese Definition Fragen auf, so Daalder: "Bei strenger Auslegung bedeutet dies, dass sich der japanische Nikkei schon seit über 27 Jahren in einem Bearmarket befindet. Auch wenn niemand behaupten wird, der Nikkei sei in den letzten Jahrzehnten ein solides Investment gewesen, wird diese Definition den sechs Korrekturen um mehr als 20%, die dieser Index seit den 1990er Jahren erlebt hat, nicht gerecht."

Robert Shillers Definition
Daalder beschäftigt sich mit der Definition von Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller: "Die Spitze vor einem Bearmarket ist nach meiner Definition das letzte Zwölfmonatshoch, und im folgenden Jahr sollte es einen Monat geben, der um 20% darunter liegt." Demnach hat es in den USA seit 1881 13 Bärenmärkte gegeben, zuletzt während der Euro-Krise im Jahr 2011. Das ist aber nicht die ganze Geschichte, gibt Daalder zu bedenken.

"Die Regel, dass innerhalb von zwölf Monaten eine Korrektur um 20% stattfinden muss, bedeutet, dass Bearmarkets, die etwas länger auf sich warten lassen, herausgefiltert werden", macht er deutlich. "Ausserdem hält Shiller bei der Konstruktion seines berühmten zyklisch bereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnisses (Cyclical Adjusted Price Earnings Ratio oder CAPE) an einem nominalen Ansatz fest. Demzufolge gab es in den 1970er und 1980er Jahren keinen Bearmarket, obwohl sich in dieser Zeit ein paar schmerzhafte Korrekturen ereigneten."


Grafik 1: Die 13 von Robert Schiller indentifizierten Bearmarkets. Quelle: Shiller und Robeco

Volatilität als Warnzeichen
Dass ein hohes Bewertungsniveau das Risiko einer Korrektur erhöht, ist wahrscheinlich keine schockierende Behauptung. Doch bringt geringe Volatilität zusätzliche Erkenntnisse als ein Frühwarnsignal? Shiller scheint dies anzudeuten, wenn er darauf hinweist, dass in seiner Analyse für die USA "Aktienkursschwankungen in dem Jahr bis zu dem Monat, in dem vor den letzten 13 Bearmarkets der Höchststand erreicht wurde, geringer waren als im Durchschnitt." Einige Anleger ziehen deshalb Parallelen zu der derzeit niedrigen Volatilität und sehen darin einen Gefahrenhinweis.

Nach Daalders Ansicht ist das aber ebenfalls unzuverlässig: "Eine Volatilität auf Rekord-Tiefstand ist keineswegs ein zuverlässiges Frühwarnsignal, das auf einen Bearmarket hinweist. Ein Blick auf die zehn wichtigsten Phasen mit einer solchen extrem niedrigen Volatilität zeigt, dass darauf nur einmal, nämlich 1895, ein Bearmarket folgte. In den anderen neun Fällen kam es nicht zu einem Kurssturz. Alles in allem scheint die Volatilität für sich genommen kein nützliches Instrument zur Vorhersage von Bearmarkets zu sein."

Wie sieht es aber mit einer Kombination aus Bewertung und Volatilität aus? In der unten stehenden Tabelle werden dazu die Volatilitätswerte den für die nächsten 12 Monate prognostizierten Aktienrenditen gegenübergestellt. "Wenn die Kombination aus geringer Volatilität und hohem Bewertungsniveau in der Vergangenheit auf bevorstehende Probleme hingewiesen hätte, würde man in der (durch einen roten Kreis markierten) linken unteren Hälfte der Tabelle im Durchschnitt niedrigere Renditen erwarten als in der übrigen Tabelle. Doch anscheinend gibt es in diesem Teil der Matrix keinen besonderen Tiefpunkt", sagt Daalder.


Tabelle 1: Matrix aus Bewertung, Volatilität und den für die nächsten zwölf Monate prognostizierten Renditen. Quelle: Shiller und Robeco

Daalder glaubt zwar nicht, dass die Kombination aus Bewertung und Volatilität besondere Prognosekraft hat, teilt aber die Auffassung von EZB und Shiller, dass das aktuelle Bewertungsniveau von US-Aktien Anlass zur Sorge gibt. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob eine baldige Korrektur eintrifft.

"Die derzeitige Rally ist sehr stark durch Momentum und Liquidität geprägt, und wir sehen bislang kaum Anzeichen dafür, dass sie bald zu Ende gehen wird. Deshalb sind wir in Aktien weiterhin übergewichtet, sind aber durch eng gesetzte Stop-Loss-Orders abgesichert", sagt Daalder zum Schluss.

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