Vorerst ist weiteres Anseilen angesagt, aber im Verlauf von 2023 werden die Gefahren nachlassen. (Bild: Shutterstock.com/nullplus)
Der niederländische Vermögensverwalter Robeco erwartet, dass sich die Renditechancen für wichtige Anlageklassen 2023 erheblich verbessern werden. Drei Einflussgrössen würden im neuen Jahr ihren Gipfel überschreiten: die Inflation, die Zinsen und der Dollar. Aber kurzfristig müssten noch Schmerzen erduldet werden.
17.11.2022, 15:23 Uhr
Autor: Hanspeter Frey
In diesem Jahr gab es wenig Möglichkeiten, sich dem rauen Wind an den Anlagemärkten zu entziehen. Das werde im neuen Jahr anders sein, meint Robeco. "Für 2023 erwarten wir eine deutliche Aufhellung der Renditeaussichten für wichtige Anlageklassen", schreibt das niederländische Finanzinstitut in seinem Investment-Ausblick.
Aber zuerst heisse es: "Bereiten Sie sich kurzfristig auf mehr Schmerzen vor." Erschöpfung und Kapitulation an den Märkten seien nicht ausgeschlossen.
Zu wenig oder zu viel straffen – beides schadet
Falls die Notenbanken ihre strenge Geldpolitik zu lockern begännen, solange die Inflation noch hoch ist, könne das am Markt als verfrüht interpretiert werden und den Inflationserwartungen neuen Schub geben, ist eines der Risiken, vor denen Robeco warnt.
Ein anderes Risiko zielt in die gegenteilige Richtung: Eine übermässige Straffung der Geldpolitik. Die Inversion der US-Zinskurve, in der Regel ein Rezessionssignal, deute auf einen Einkaufsmanagerindex von unter 45 hin, das heisst auf eine klare wirtschaftliche Abschwächung. Der Konsens eines BIP-Wachstums in Amerika von 0,8% im neuen Jahr müsste vor diesem Hintergrund spürbar nach unten korrigiert werden, erläutert Robeco.
Wir sind in ein "Zeitalter der Verwirrung" eingetreten, nennen die Niederländer eine weitere Gefahr und meinen damit die geopolitische Lage. Die Finanzmärkte seien offenbar bereit, eine Versicherungsprämie zu zahlen, um dieses Risiko abzusichern. Mit anderen Worten würde das heissen: Eine Prämie bedeutet eine (noch) niedrigere Bewertung respektive tiefere Kurse.
Dreifache Gipfelüberschreitung
Dann aber blicken die Robeco-Strategen über die kurze Frist hinaus und verändern ihren Ton von Moll zu Dur. Auf wichtige Fragen werde es im Verlauf von 2023 eine Antwort geben. Sowohl die Inflation als auch die Zinsen und der starke Dollar würden im neuen Jahr den Gipfel überschreiten und an Gefährlichkeit verlieren.
Entsprechend sehen die niederländischen Vermögensverwalter den Anlagehorizong mittelfristig spürbar heller. Die Marktaussichten würden sich im Verlauf des nächsten Marktaussichten deutlich verbessern, sagen sie voraus.
Der Dollar sei ein 2023 Schlüsselfaktor für Multi-Asset-Investoren. "Der Dollar-Bullenmarkt reift, wobei der Greenback nun 25% gemessen an der Kaufkraftparität über seinem fairen Wert liegt." Ein schwächerer Dollar würde beispielsweise Schwellenländer entlasten, die häufig in der US-Währung verschuldet sind. Ausserdem würde sich auch in Europa die (importierte) Inflation abschwächen. Das nähme Druck von den Zinsen und würde die Wirtschaft entlasten.
Gewinnschätzungen noch zu hoch
Eine andere wichtige Einflussgrösse sind die Unternehmensgewinne. Mit weiteren Revisionen nach unten sei zu rechnen, meint Robeco. Tiefere Gewinnprognosen gehen in der Regel mit niedrigeren Aktienmultiplikatoren einher. "Da jedoch angenommen wird, dass die Realzinsen sinken und die Gewinnrezession bis 2023 vollständig eingepreist sein wird, ist bis 2024 ein wichtiger Wendepunkt bei der Bewertung riskanter Vermögenswerte zu erwarten", halten die Robeco-Strategen dagegen.
Sie verweisen darauf, dass in der Vergangenheit der Aktienmarkt durchschnittlich sechs Monate vor dem Gewinntief die Talsohle erreicht hat. Die anschliessende Neu- oder Höherbewertung dürfte deshalb nicht allzu lange auf sich warten lassen, sondern schon 2023 Tatsache werden.
Wie die Niederländer wichtige Bestimmungsgrössen einschätzen, haben sie in der nachfolgenden Liste zusammengestellt. Über zwölf Monate überwiegen die positiven Veränderungen:
Checkliste für Multi-Asset-Anlagen
Quelle: Robeco, November 2022
Robeco ist ein Pionier für nachhaltige Anlagen. Die folgende Aussage im Anlageausblick erstaunt deshalb nicht: "Der Fokus auf Nachhaltigkeit war noch nie so gross wie heute, da wir nach Lösungen für die Herausforderungen suchen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist. Weil die Auswirkungen des Klimawandels immer stärker werden, wird 2023 ein entscheidendes Jahr sein."
Fokus auf Nachhaltigkeit
Nachhaltiges Investierten werde weiter Terrain gutmachen. Für Robeco ist einer Gründe dafür, dass die Integration von ESG-Aspekten in Verbindung mit der Finanzanalyse die Renditen langfristig unterstütze, sagen die Niederländer.
Darüber hinaus führe ein grösseres gesellschaftliches Bewusstsein für Nachhaltigkeit dazu, dass mehr Anleger ihre Portfolios an ihren Werten ausrichten, während das wachsende Angebot an verfügbaren nachhaltigen Strategien es mehr Investoren ermögliche, sowohl nachhaltige als auch finanzielle Ziele anzustreben.
Die von Robeco für den Ausblick gewählte Kürzestform "Short-term pain, long-term gain" macht zusammenfassend durchaus Sinn.
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