Zentralbanken haben Goldreserven massiv aufgestockt
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Geopolitische Spannungen verstärken die Nachfrage nach dem "sicheren Hafen" Gold. Die Zentralbanken haben 2018 weltweit ihre Goldreserven um 74 Prozent erhöht. Die weitere Entwicklung des Goldpreises hänge stark von der Entwicklung der Geldpolitik ab.
14.03.2019, 10:05 Uhr
Redaktion: stf
Kürzlich sorgte der Vorschlag des italienischen Vizepremiers Matteo Salvini Parteivorsitzender der Lega Nord und einer der eher umstrittenen Politiker des Landes am Goldmarkt für Wirbel. Salvini forderte die italienische Zentralbank zum Verkauf ihrer Goldreserven zur Finanzierung der geplanten Staatsausgaben auf. Wie Joachim Corbach, Leiter Wärungen & Rohstoffe bei GAM Investments, erklärt, würde sich ein Abverkauf in diesem Umfang zweifellos erheblich auf den Goldpreis auswirken, denn die Banca dItalia verfüge mit ca. 2'400 Tonnen nach der US-Notenbank (Fed) und der Deutschen Bundesbank über die drittgrössten Goldbestände der Welt.
Allerdings entspricht laut Corbach der aktuelle Barwert von ca. 93 Milliarden Euro nur rund 4% der Staatsverschuldung Italiens. Ein Goldverkauf der Notenbank wäre also keineswegs eine Lösung für das Schuldenproblem des Landes. Im Gegenteil, ein solcher Schritt könnte dem Land sogar zusätzliche Schwierigkeiten bereiten, meint er. Artikel 30 des EU-Vertrags verlange die Unabhängigkeit der nationalen Zentralbanken und verbietet jegliche Form der Staatsfinanzierung. Und Salvini habe in den vergangenen Monaten wiederholt deutlich gemacht, dass ein EU-Austritt Italiens für ihn ausgeschlossen sei. Deshalb ist Corbach davon überzeugt, dass die Marktteilnehmer Salvinis Äusserungen über einen möglichen Goldverkauf durch die Banca dItalia getrost ignorieren können.
Vielmehr hätten im Jahr 2018 Zentralbanken weltweit ihre Goldreserven durch erhebliche Zukäufe um 650 Tonnen aufgestockt eine Steigerung von 74 Prozent gegenüber 2017. Dies entspricht ungefähr 15% der globalen Nachfrage, so Corbach. Dabei handle es sich um das zweitgrösste Volumen, das jemals innerhalb eines Kalenderjahres erworben wurde. Nur durch das Volumen, das im Jahr 1967 erworben wurde, als der Dollar noch an den Goldpreis gebunden war, wurde es laut Corbach übertroffen. Schätzungen zufolge verfügen die Zentralbanken insgesamt über 34.000 Tonnen an Goldreserven eine Zahl, die laut Corbach angesichts der vermehrten geopolitischen Spannungen (Gold erweise sich häufig als "der ultimative sichere Hafen") und robusteren Schwellenländerwährungen (die eine geringere Unterstützung durch die Notenbanken benötigen würden) weiter steigen dürfte.
Geldpolitik der Zentralbanken hat stärkeren Einfluss als ihr Umgang mit Goldreserven
"Weshalb hat der Goldpreis, obwohl viele Zentralbanken 2018 als äusserst aktive Goldkäufer auftraten, im Kalenderjahr dennoch leicht nachgegeben? Die Antwort darauf erklärt nicht nur diese scheinbare Anomalie, sondern liefert auch Hinweise auf den Ausblick", meint Corbach. Die Geldpolitik der grossen Zentralbanken der Welt beeinflusse die Goldpreisentwicklung meist stärker als deren Umgang mit den Goldreserven.
Darüber hinaus bestehe ein besonderer Zusammenhang zwischen Gold und dem US-Dollar. Dadurch komme der Fed-Politik eine massgebliche Bedeutung zu, da der Preis von Gold und anderen Rohstoffen in US-Dollar festgestellt werde. Steigt der Dollar gegenüber anderen globalen Währungen, wird Gold in Nicht-USD-Währungen teurer, was die Nachfrage naturgemäss begrenze. Ebenso wenig darf nach Corbach ausser Acht gelassen werden, dass Gold eine "renditelose Währung" darstellt, also keinen laufenden Ertrag (Zinsen, Dividenden etc.) abwirft. Das bedeute, dass durch das Halten von Goldbeständen in Zeiten steigender Zinsen Opportunitätskosten entstehen. Im Jahr 2018 hob die Fed nicht nur den Leitzins viermal an, sondern straffte die Geldpolitik zusätzlich durch kontinuierliche Bilanzverkürzung. "Diese Entscheidungen wurden als Versuch gewertet, einer möglicherweise steigenden Inflation vorzugreifen, die die Realzinsen auf kurze Frist unweigerlich ansteigen lassen würde", erklärt Corbach.
Mittlerweile habe die Fed und die meisten anderen Notenbanken angesichts der sich abschwächenden Weltwirtschaft jedoch einen vorsichtigeren Kurs zur "geldpolitischen Normalisierung" eingeschlagen. Die Gefahr, dass die globale Geldpolitik vorsorglich gegen einen Inflationsanstieg eingesetzt werde, scheine daher vorerst gebannt. Korrigierte Erwartungen hinsichtlich der Realzinsen und der Entwicklung des US-Dollars hätten im aktuellen Jahr eine Goldpreisrally ausgelöst, die durch die Nachfrage von Zentralbanken und anderen Anlegern auf der Suche nach "sicheren Häfen" verstärkt werden könnte. Corbach haltet es in diesem Zusammenhang für sinnvoll, sich zu vergegenwärtigen, dass Gold und Rohstoffe im Allgemeinen Sachwerte sind, die in traditionellen Anlageportfolios eine ausgezeichnete Diversifikationsmöglichkeit und Verlustminderung bieten.
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