Wie weiter mit Obligationen?

Bernhard Urech, Portfoliomanager bei Swiss & Global Asset Management
Bernhard Urech, Portfoliomanager bei Swiss & Global Asset Management

Die goldenen Zeiten für Obligationenanleger sind vorbei. Rekordtiefe Zinsen und fundamentale Risiken stellen Investoren vor gewaltige Herausforderungen. Gemäss Bernhard Urech, Portfoliomanager bei Swiss & Global Asset Management, bietet sich aktives Management an, um Chancen zu nutzen und Risiken zu meiden.

07.08.2012, 11:47 Uhr

Redaktion: sek

Die Jahrzehnte, in denen Sie mit europäischen Staatsanleihen ruhig schlafen und gleichzeitig jährliche Renditen von 7 % erhielten, sind vorbei. Absolut gesehen ist das Zinsniveau auf neue Tiefststände gesunken. Auch in einem „freundlichen“ Umfeld mit tiefbleibenden Zinsen wird dies nur bescheidene nominale Renditen zulassen und real gar zu negativen Renditen führen. Staatliche und private Verschuldung haben eine kritische Grenze erreicht. Ein Abbau ist unvermeidbar, doch der Weg dahin unklar.

Die Varianten sind vielfältig und zum grossen Teil von der Politik bestimmt. Entsprechend steigen die Verlustrisiken für alle, Private und Öffentlichkeit, Schuldner und Sparer, Inländer und Ausländer. Hinzu kommt ein Rückgang der strukturellen Wachstumsraten– nicht zuletzt demographisch bedingt. Zyklen werden tendenziell kürzer, mit häufigeren rezessiven Phasen. Der Markt reagiert auf diese Unsicherheit mit höherer Volatilität und steigenden Risikoprämien.

Passiv investieren heisst Bewertungen und Strukturwandel ignorieren
Alles in allem verschlechtert sich damit das Risiko-Rendite-Profil von Bonds deutlich und nachhaltig. Ein Verzicht auf diese Kernanlageklasse ist jedoch kaum möglich, ein Hinterfragen des passiven Anlegens hingegen schon. Diese Form des Investierens hat zwar fast Kultstatus erreicht und eine ganze Industrie hervorgebracht, doch sie ist gerade den derzeitigen Herausforderungen nicht gewachsen. Passives, indexiertes Anlegen bedeutet
• Abbilden der Vergangenheit und Unfähigkeit, Strukturwandel zu antizipieren,
• prozyklisches Handeln und damit Akzentuieren jedes Trends,
• Gleichgültigkeit gegenüber Bewertung,
• eine übermässige Gewichtung der Noten von Rating-Agenturen.

Aktives Management kann diese Mängel vermeiden, auf die strukturellen Herausforderungen reagieren und Mehrwert schaffen. Auch im heutigen, anspruchsvollen Umfeld gibt es Opportunitäten, und es können Aussagen bezüglich Fundamentaldaten und Bewertung gemacht werden: So sind zurzeit Staatsanleihen der meisten Industrienationen unattraktiv. Kleine Kapitalgewinne sind kurzfristig möglich, doch mittelfristig sind die zu erwartenden Renditen bescheiden. Da langfristig mit anhaltender „finanzieller Repression“ zu rechnen ist, bleibt aber ein markanter Zinsanstieg unwahrscheinlich – die steile Zinskurve wird also weiterhin gewisse nominale Erträge abwerfen.

Inflationsgebundene Anleihen sind absolut gesehen aufgrund der extrem tiefen Realzinsen ebenfalls unattraktiv, bieten aber einen effektiven Schutz vor einem unerwarteten Inflationsanstieg. Denn auch wenn die Inflation in den meisten Industrienationen tief bleiben wird, sind die „Tail Risks“ aufgrund der historisch beispiellosen Geldpolitik deutlich gestiegen. Inflationsgebundene Anleihen können deshalb eine sinnvolle Ergänzung zu konventionellen Anleihen sein.

Schwellenländer- und Unternehmensanleihen bevorzugen
Innerhalb der Eurozone bleibt die Bewältigung struktureller Ungleichgewichte anspruchsvoll und langwierig und die Abhängigkeit von unberechenbaren politischen Prozessen hoch. Periphere Staatsanleihen bleiben somit trotz der mittlerweile günstigeren Bewertung fundamental schlechte Risiken. Staatsanleihen von Schwellenländern in Hartwährung hingegen weisen eine deutlich bessere Schuldnerqualität aus. Ihre hohen Renditen legen eine sukzessive Diversifikation in Schwellenländer nahe.

Eines der besten Risiko-Rendite-Profile bieten Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich: Die Bilanzen sind weitgehend solid und die freien Cash Flows hoch. Um gute Resultate zu liefern, ist diese Anlageklasse nicht auf starkes Wirtschaftswachstum angewiesen. Die nach wie vor günstige Bewertung macht Unternehmensanleihen zur bevorzugten Alternative gegenüber Staatspapieren.

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