Volatilität am chinesischen Markt könnte langfristige Chancen eröffnen

Laura Luo, Head of Hong Kong China equities
Baring Asset Management, Hong Kong
Laura Luo, Head of Hong Kong China equities Baring Asset Management, Hong Kong

Der volatile Monatsverlauf ist die Folge von Gewinnmitnahmen durch Investoren und gezielten Massnahmen zur Abkühlung des Marktes. Die verbreitete Kreditfinanzierung von Investitionen verstärkt diese Auswirkungen zusätzlich, erklärt Barings.

10.07.2015, 11:15 Uhr

Redaktion: dab

"Wir erkennen zwei Hauptgründe für die jüngste Volatilität am chinesischen Markt. Der erste Grund sind Gewinnmitnahmen infolge des kräftigen Anstiegs des chinesischen Aktienmarkts in den letzten Monaten. Durch die Unterstützung der geldpolitischen Lockerung, durch Reformmassnahmen und Kapitalflüsse von Privatanlegern legte der MSCI China A Share Index seit Anfang des Jahres 2015 bis zum 12. Juni um 62% in USD zu. Das Bewertungsniveau war demzufolge relativ hoch.

Der zweite Grund liegt in der Entscheidung der China Securities Regulatory Commission (chinesische Wertpapieraufsichtskommission, CSRC), durch eine restriktivere Regulierung von fremdfinanzierten Investitionen sowie durch die Beschleunigung des Genehmigungsprozesses für Börsengänge einen Teil des Überschusses aus dem Markt zu nehmen.

Auch fremdfinanzierte Transaktionen führten zu einer Verstärkung der Volatilität. Laut Marktschätzungen betrugen im Juni die ausstehenden Margenfinanzierungen von Wertpapiergesellschaften bis zu 2,27 Billionen RMB (366 Mrd. USD) und ein weiterer Betrag dürfte auf unregulierte Over-the-Counter-Finanzierungen entfallen. Mit dem Abwärtstrend der Aktienkurse erhöhte sich der Druck zum Abbau der Schuldenlast durch den Verkauf von Aktien.

Begrenzte Auswirkungen auf die Realwirtschaft
Nach heutigem Stand dürften die Auswirkungen des Marktrückgangs auf die Wirtschaft unseres Erachtens nach begrenzt sein. Aufgrund der Erosion eines Grossteils der in diesem Jahr am Markt erzielten Gewinne könnte der Konsumsektor beeinträchtigt werden. Auch Bereiche des Finanzsektors, wie beispielsweise Maklerunternehmen, könnten die negativen Folgen zu spüren bekommen.

Eine breitere Bedrohung für den Bankensektor oder für die Gesamtwirtschaft sehen wir jedoch nicht. Wir gehen insbesondere davon aus, dass die Regierung weiterhin geeignete Massnahmen zur Förderung der Liquidität ergreifen, die Zinsen senken und den strukturellen Wandel sowie Reformprogramme vorantreiben wird.

Bedrohung oder Chance?
Die Regierung hat bereits ein breites Spektrum an Massnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens ergriffen, einschliesslich direkter und indirekter Interventionen sowie noch umfassenderer Schritte.

Die wirksamste Vorgehensweise bestünde unserer Ansicht nach in Form einer anhaltenden Stärkung der Wirtschaft durch eine weitere geldpolitische Unterstützung sowie durch Unternehmensreformen. Wir gehen davon aus, dass die Investoren im Zuge sich stabilisierender Unternehmenserträge und besserer Konjunkturdaten an den Markt zurückkehren werden.

Kurzfristig können wir eine weitere Phase der Volatilität nicht ausschliessen. Die Bewegungen, die wir am Markt sehen konnten, sind technisch bedingt, da der Anteil an kreditfinanzierten Investitionen zurückging. Es handelt sich nicht um einen fundamental getriebenen Prozess. Dazu kam, dass eine grosse Anzahl börsennotierter inländischer Unternehmen die Entscheidung traf, den Handel ihrer Aktien vorübergehend auszusetzen.

Aber auch dieser Aspekt ist unserer Ansicht nach als Chance zu werten. Die guten Investitionsaussichten in China haben sich unseres Erachtens nicht fundamental verändert, sondern lediglich das Bewertungsniveau. Im Rahmen unserer Analyse für „Qualität, Wachstum und Aufwärtspotenzial“ bedeutet dies in der Konsequenz ein mittel- bis langfristig höheres Aufwärtspotenzial.

Unsere Investmentstrategie
Mit unserem Fokus auf Unternehmen, die von der Städtebauentwicklung und der steigenden Nachfrage nach Dienstleistungen, dem Aufstieg chinesischer Marken und der Leistungssteigerung von Herstellern und Exportunternehmen profitieren dürften, verfolgen wir eine auf mehrere Jahre angelegte Strategie. Wir sind stark vom Wachstumspotenzial von Qualitätsunternehmen wie L’Occitane, China State Construction und der AIA Group Limited überzeugt und wir werden weitere Volatilitätsphasen sehr wahrscheinlich dazu nutzen, den Anteil an Unternehmen aufzustocken, bei denen wir ein deutliches Potenzial erkennen."

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