Vermeintlich unbekannter Vorteil von ETFs gegenüber Investmentfonds

Zach Hascoe, Director of Capital Markets for Europe bei WisdomTree.
Zach Hascoe, Director of Capital Markets for Europe bei WisdomTree.

ETFs besitzen im Vergleich zu Investmentfonds zahlreiche bereits bekannte strukturbedingte Vorteile. Bei einer näheren Betrachtung gibt es jedoch noch den Creation- respektive Redemption-Prozess, der ETFs grundsätzlich von Investmentfonds unterscheidet. In seinem Blogbeitrag geht Zach Hascoe, Director of Capital Markets for Europe bei WisdomTree, näher auf diese Prozesse ein.

19.10.2016, 09:44 Uhr
ETF

Redaktion: jaz

ETFs haben ein eigenes Verfahren für die Creation und Redemption, das die Handelskosten auf den handelnden Anleger isoliert. Dadurch wird der investiert bleibende Anleger von den entstehenden Kosten abgeschirmt. Dies ist bedeutend, weil bei Investmentfonds die mit der Tätigkeit eines Anlegers verbundenen Kosten vom gesamten Fonds getragen werden. Das heisst, dass alle Anleger in dem Fonds die Kosten bezahlen, die ein anderer Anleger verursacht hat. Bei den ETFs ist das anders: Transaktionskosten werden auf die eigenen Transaktionen des Anlegers isoliert.

Kaufen und Verkaufen von Investmentfonds
Wenn ein Anleger einen Investmentfonds kauft, wird das Geld an die Investmentfondsgesellschaft überwiesen. Der Portfolioverwalter des Investmentfonds nimmt das Geld und investiert es in die zugrunde liegenden Wertpapiere. Wenn der Anleger sein Geld zurückerhalten möchte, wird die Investmentfondsgesellschaft informiert und der Portfolioverwalter verkauft die Wertpapiere aus dem Portfolio, um das Geld zu beschaffen, das an den Anleger ausgeschüttet wird. Dies gilt als eine Transaktion am Primärmarkt.

Wie sieht der Vergleich mit ETFs aus?
ETFs haben einen Primärmarkt und einen Sekundärmarkt. Bei einer Transaktion eines ETFs am Primärmarkt dürfen nur „Autorisierte Marktteilnehmer“ (AMs) ETF-Anteile direkt beim Emittenten erschaffen (“Creation“ engl. Erschaffung) oder einlösen (“Redemption“ engl. Einlösung). Während einer Transaktion im Primärmarkt informiert der AM den ETF-Emittenten und tauscht entweder Geld oder zugrunde liegende Wertpapiere gegen ETF-Anteile. In diesem Prozess handelt der Fonds direkt mit einem AM, der normalerweise eine Grossbank ist. Alle mit der Schaffung oder Rücknahme verbundenen Kosten werden von diesem konkreten AM – und letztendlich von dem konkreten Anleger getragen, der den ursprünglichen Auftrag eingegeben hat und die Handelskosten zahlt. Dies ist ein entscheidender Unterschied zwischen ETFs und Investmentfonds.

ETFs können nicht nur am Primärmarkt gekauft und verkauft werden, sondern auch am Sekundärmarkt, also an der Börse. Die Börse stellt eine zusätzliche Liquiditätsebene dar, wo ETF-Anleger Anteile direkt kaufen oder verkaufen können. Der Primärmarkt und der Sekundärmarkt interagieren regelmässig, wenn es um den ETF-Handel geht und zwar dann, wenn Anteile am Primärmarkt geschaffen oder eingelöst werden, um die Nachfrage am Sekundärmarkt zu decken.

Warum ist das wichtig?
Einfach gesagt, wegen der Kostenzuweisung. In einem Investmentfonds werden die Handelskosten aus der Auflegung und Rücknahme von Investmentfondsanteilen vom Fonds getragen. Wenn ein Anleger einen Investmentfonds zurückgibt, muss der Portfolioverwalter mehr Wertpapiere verkaufen, um Geld zu erhalten. Dies führt zu zusätzlichen Handelskosten: Beispiele dafür sind Brief-Geld-Spreads der zugrunde liegenden Wertpapiere, Steuern, Händlerprovisionen oder Börsengebühren. Diese Kosten wirken sich nach dem Geschäft auf den Nettoinventarwert des Fonds aus und haben direkte Folgen für die anderen Anleger in dem Fonds. Im Grunde zahlen alle Anleger für die Tätigkeit eines einzigen Anlegers.

In der Praxis

  1. Ein Anleger möchte einen ETF verkaufen und beauftragt den Broker oder eine ETF-Handelsabteilung und erteilt den Auftrag (dies findet häufig am Sekundärmarkt statt).
  2. Abhängig von verschiedenen Faktoren kann der AM entscheiden, diese Anteile am Primärmarkt einzulösen.
  3. Der AM geht zum ETF-Emittenten und erteilt einen Primärmarkt-Auftrag für die Einlösung der Anteile.
  4. Der Portfolioverwalter wird dann entweder die Wertpapiere verkaufen, um Geld zu beschaffen, oder er wird dem AM die zugrunde liegenden Anteile liefern und die ETF-Anteile werden dann eingelöst.

Dieser Prozess und die damit verbundenen Kosten werden von dem Anleger getragen, der den Handel ausgelöst hat. Die Kosten laufen durch die Handelsabteilung oder den Autorisierten Marktteilnehmer. Die anderen in dem ETF investierten Anleger sind von diesen Kosten isoliert.

Wegen der zahlreichen Vorteile ist es kein Wunder, dass sich ETFs in der Fondsbranche immer stärker durchsetzen. Zwar stehen Liquidität, Transparenz und Effizienz häufig im Vordergrund, jedoch ist der Creation- und Redemption-Prozess der ETFs ebenso wertvoll und sollte niemals übersehen werden.

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