Stehen die Notenbanken vor dem Wendepunkt?

Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank.
Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank.

Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank sieht nach den verschiedenen Zentralbank-Sitzungen derzeit wenig Anhaltspunkte für weitere geldpolitische Lockerungsmassnahmen.

05.10.2016, 09:03 Uhr

Redaktion: jog

Das Ende naht. Das Ende der Tiefzinsspirale, an deren Ursprung die Notenbanken mit ihrer (unkonventionellen) Geldpolitik sowie das verhaltene, inflationsfreie Wirtschaftswachstum stehen. Die Unsicherheiten bezüglich des weiteren Konjunktur- und Inflationsverlaufs werden vorerst weiter anhalten (diesbezüglich ist man bei der SZKB moderat optimistisch). Hingegen scheinen die Notenbanken eine geistige Kehrtwende zu vollziehen. Auch wenn sie sich alle Optionen offen lassen, geben sie derzeit wenige Anhaltspunkte für weitere geldpolitische Lockerungsmassnahmen. EZB-Chef Mario Draghi liess nach der letzten EZB-Sitzung offen, ob und wie es mit dem Anleihenkaufprogramm (QE) nach März 2017 weitergeht, nachdem er in der Vergangenheit immer frühzeitig noch mehr QE angekündigt hatte. Und die Bank of Japan vermeldete, dass sie anstelle der erwarteten Zinssenkung oder der Ausweitung der Wertpapierkäufe "nur" die Kontrolle der Zinskurve anstrebe. Dagegen betonten die Notenbanker vermehrt, dass auch die Wirtschafts-/Fiskalpolitk ihren Beitrag zur Überwindung der Krise zu leisten habe und appellierten an die politisch Verantwortlichen, Reformen durchzuführen.

Dahinter steckt die Erkenntnis der Währungshüter, dass die unkonventionelle Geldpolitik der letzten Jahre an ihre Grenzen stösst. Zum einen, was die Praktikabilität betrifft (Stichwort "kaufbares Universum"). Zum anderen – und das ist entscheidender –, dass noch tiefere Zinsen keine zusätzlichen Impulse verleihen. Die Vermutung liegt nahe, dass die tiefen Zinsen womöglich mehr Schaden anrichten, als sie nützen. Insbesondere Banken und Versicherungen leiden unter der flachen Zinskurve, aber auch für die Vorsorgesysteme entpuppt sich das Zinsgefüge zunehmend als Belastung.

Bei der aktuellen Zurückhaltung könnte es sich also somit um mehr als einen Zwischenhalt handeln. Vielmehr könnte sie einen Wendepunkt markieren. Dass es keine Missverständisse gibt: Die Geldpolitik bleibt global expansiv. Die Zinsen bleiben auf unbestimmte Zeit tief und es ist mit keinen markanten, abrupten geldpolitischen Bremsmanövern zu rechnen. Und passiert etwas Unvorhergesehenes, so werden die Notenbanken nicht zögern, in altes Fahrwasser zurückzukehren, in die "vertraute Welt" der unkonventionellen Geldpolitik. Die Bereitschaft dazu hat aber spürbar abgenommen.

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