Staatsanleihen aus Schwellenländern: Jede Medaille hat zwei Seiten
Die Staatsanleihen aus den Emerging Markets «spalten» derzeit den Markt. (Bild pd)
«Ein verlorenes Jahrzehnt oder eine einmalige Chance für Staatsanleihen aus Schwellenländern? Der Markt ist derzeit zu gespalten, um eine einfache Ja- oder Nein-Antwort zu geben», schreibt Romain Bordenave, Emerging Market Debt Portfolio Manager bei Edmond de Rothschild.
12.04.2023, 10:13 Uhr
Redaktion: sw
Das Jahr 2022 war das Jahr der Inflationssorgen und es ist festzustellen, dass die Inflation in den letzten sechs Monaten abgenommen hat. Der jüngste VPI lag bei 6 Prozent und lag damit unter seinem Höchststand von 9 Prozent. «Auch wenn die Kerninflation nach wie vor Bedenken hervorruft, scheint sich der Gesamtmarkt weniger Sorgen zu machen. Das Hauptrisiko geht heute eindeutig vom Inflationsrisiko zum Rezessionsrisiko über. Die entscheidende Frage ist aber, welche Art von Rezession wir haben werden. Denn der Markt zögert immer noch zwischen einer harten und einer weichen Landung», heisst es bei der Privatbank.
Die jüngsten Ereignisse bei der SVB oder der Credit Suisse erinnerten die Regierungen und Zentralbanken jedoch daran, wie ein Anstieg der Zinsen Bankensysteme und die Weltwirtschaft aus dem Konzept bringen kann. «Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank und andere Zentralbanken ihren Zinserhöhungszyklus bald beenden müssen, um weitere Probleme zu vermeiden. Aus Gründen der Glaubwürdigkeit könnten wir natürlich noch ein oder zwei kleine zusätzliche Anhebungen erleben», schreibt Romain Bordenave.
Ein Ende der steigenden Zinsen könnte jedoch als Wende der Fed angesehen werden, was zu einem besseren Umfeld für festverzinsliche Anlagen führen dürfte. Insgesamt dürften die Schwellenländer im Falle einer Rezession widerstandsfähig genug sein, da Staatsanleihen bessere Fundamentaldaten aufweisen als noch vor einem Jahrzehnt (geringere Staatsverschuldung, Fähigkeit, die Zinsen schneller zu senken als in den Industrieländern, Devisenreserven usw.), aber auch dank der Wiedereröffnung Chinas.
«Dennoch halten wir unser Universum im Vergleich zu anderen festverzinslichen Segmenten für relativ günstig», schreibt der Spezialist. Innerhalb des Marktes für Staatsanleihen aus Schwellenländern gebe es jedoch grosse Unterschiede. Tatsächlich sei ein Teil von IG- und BB-Titeln aufgrund der engen Spreads teuer bewertet. Vor dem Hintergrund der Stabilisierung der Zinssätze sei in diesem Ratingsegment im Durchschnitt kaum ein grosses Potenzial für eine Spreadverengung zu erkennen. «Unserer Meinung nach sind Mittel- und Osteuropa die attraktivsten Regionen unter Titeln mit gutem Rating, da sie von Nearshoring profitieren dürften und immer noch einen Aufschlag im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine beinhalten dürften.» Auch Kolumbien sei interessant, da das Land von einer attraktiven Dynamik bei Rohstoffen profitiert. Angesichts der Spreads in Höhe von 460 Basispunkten habe Kolumbien ein interessantes Risiko-Rendite-Profil, und bei Edmond de Rothschild ist man der Ansicht, dass Verzerrungen in Verbindung mit G. Petro bereits eingepreist seien.
«Auf der anderen Seite des Spektrums stellen Unternehmen mit Rating B oder niedriger die grösste Wertkonzentration innerhalb unseres Universums dar. Tatsächlich nimmt das Segment offenbar die schlechtesten Aussichten vorweg, und viele Unternehmen notieren derzeit unter dem Recovery-Wert, was eine der besten Asymmetrien beim wertbasierten Kurs bietet.» Viele Länder befinden sich bereits in einer Umstrukturierung, wie Ghana, Sri Lanka oder Sambia. Der IWF hat bereits seine Unterstützung angekündigt und China scheint interessanterweise gewillt zu sein, die Länder bei ihrer Umstrukturierung zu unterstützen. Das Rating von Ecuador wurde durch politische Turbulenzen belastet, obwohl das Land von einem passablen doppelten Überschuss profitiert, der von den hohen Ölpreisen angetrieben wurde. Nach der jüngsten Entscheidung des ecuadorianischen Verfassungsgerichts, den Präsidenten wegen Amtsvergehen anzuklagen, erholen sich die Anleihen wieder, was darauf hindeutet, dass der Markt bereits das Schlimmste einpreist habe.
Aus technischer Sicht sei die Anlageklasse äusserst attraktiv. Zunächst ist die Marktpositionierung klarer als vor einem Jahr. Im Jahr 2022 litt die Anlageklasse unter massiven Kapitalabflüssen, da viele Crossover-Anleger ihre Schwellenländeranleihen abstiessen. Die Barposition verharrt jedoch nach wie vor auf einem passablen Niveau, was einen Puffer für den Fall von Kapitalabflüssen und eine Barreserve biete, um im Falle einer allgemeinen Stabilisierung Umschichtungen vorzunehmen. Ein weiterer unterstützender Faktor seien Neuemissionen und der Finanzierungsbedarf in diesem Jahr. Im Jahr 2023 gab es bisher nur wenige Rücknahmen, was bedeutet, dass der Primärmarkt nicht aktiv sein dürfte. «Die Kapitalflüsse können auch eine echte Wende für Staatsanleihen aus Schwellenländern darstellen und eine starke Erholung auslösen, die von den zuvor genannten technischen Faktoren angetrieben wird», heisst es als Fazit von Romain Bordenave.
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