Jacques-Etienne Doerr, Managing Officer von Vanguard in Zürich
Fondstrends sprach mit Jacques-Etienne Doerr, Managing Officer von Vanguard in Zürich zum Thema Smart Beta und den Vorteilen kapitalgewichteter Indizes. Nach Ansicht Doerrs, sind Smart Beta Fonds eine Wette gegen den Markt.
05.08.2013, 11:21 Uhr
Redaktion: dab
Herr Doerr, sogenannte Smart Beta Fonds sind weiter auf dem Vormarsch. Was steckt hinter dem Begriff? Jacques-Etienne Doerr: Der Begriff als solches ist zunächst einmal nur eine Wortschöpfung - weder sind alternative Indexierungsmethoden besonders smart, noch sind kapitalisierungsgewichtete Indexprodukte dumm. Smart Beta beschreibt Strategien zum Portfolioaufbau, die bewusst von der Marktkapitalisierung einzelner Wertpapiere abweichen. So gesehen unterscheiden sich Smart-Beta-Fonds zunächst nicht von herkömmlichen, aktiv verwalteten Fonds. Allerdings ist aktives Management ein kontinuierlicher Prozess, bei dem der Manager den Markt laufend beobachtet und das Portfolio seinen Erwartungen entsprechend anpasst. Smart-Beta-Fonds funktionieren anders, sie basieren auf einmal definierten Regeln, nach denen die Wertpapiere gewichtet werden.
Wie erklären Sie sich den Erfolg von Smart Beta? Zum einen haben Smart Beta-Fonds in gewisser Weise die Stelle der quantitativen, aktiven Strategien eingenommen, die nach der Finanzkrise von 2008 und einigen spektakulären Fehleinschätzungen einiger Quant-Manager die Gunst vieler Anleger verloren haben. Zum anderen sprechen die Gewichtungsmethoden, die bei Smart Beta zur Anwendung kommen, häufig Investoren an, die in der Finanzkrise viel Geld verloren haben, da hierbei genau die Wertpapiere untergewichtet werden, mit denen Anleger damals schlechte Erfahrungen gemacht haben. Zum dritten impliziert der Begriff fälschlicherweise, dass es sich hierbei um passive Anlagelösungen handelt, die weiter an Popularität gewinnen.
Sie würden also sagen, dass Smart-Beta-Fonds nicht passiv sind? Das kommt darauf an, wie man passiv definiert. Wir bezeichnen diejenigen Anlagelösungen als passiv, die sämtliche Anlagemöglichkeiten eines bestimmten Marktes erfassen, und zwar entsprechend Ihrer Marktkapitalisierung. Smart-Beta-Fonds tun aber, wie eingangs erwähnt, genau dies nicht, sondern weichen bewusst von der Marktbewertung ab. Smart Beta ist nur insofern passiv, als dass der Manager nichts tut, nachdem er einmal die Regeln der Portfoliokonstruktion definiert hat.
Was sollten Anleger Ihrer Meinung nach beachten, bevor sie in einen Smart-Beta-Fonds investieren? Anleger sollten genau wissen, welche Strategie der Fonds verfolgt und welche Faktoren sich einstellen müssen, damit der Fonds die erhoffte Performance bringt. Viele dieser Fonds stellen Lösungen für die jüngste Finanzkrise dar. Das ist in etwa so, als ob man ein Auto lenkt, indem man durch den Rückspiegel schaut. Beispielsweise reduzieren viele Smart-Beta-Fonds bei Obligationen die Gewichtung von Ländern mit hoher Staatsverschuldung, weil viele dieser Titel während der Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen wurden. Schaut man allerdings etwas weiter zurück, stellt man fest, dass Überschuldung nur ein möglicher Auslöser von vielen für Kreditausfälle ist. Beispielsweise sind Russland 1998 und Argentinien 2001 trotz relativ moderater Schuldenstände in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Mit Smart Beta bereiten sich Investoren auf die Vergangenheit vor. Was die Zukunft bringt, wissen wir nicht.
Wie können kapitalgewichtete Indizes Investoren helfen? Eine Absicherung gegen sämtliche Risiken gibt es natürlich nicht. Die Frage ist vielmehr, wie viel Risiko Investoren eingehen wollen. Der Vorteil von kapitalisierungsgewichteten Indizes liegt darin, dass sie den gesamten Markt abbilden und dabei zu jeder Zeit die Konsensbewertung aller Marktteilnehmer widerspiegeln und was Investoren häufig übersehen diese auch laufend anpassen. Smart Beta stellt eine Wette gegen den Marktkonsens dar, die noch dazu auf starren Regeln beruht. Dies kann zu Ergebnissen führen, die Investoren so nicht erwarten. Wenn die Märkte sich bewegen, können Smart-Beta-Fonds plötzlich ein Übergewicht genau der Wertpapiere aufweisen, vor denen sie Investoren eigentlich schützen sollten. Kapitalgewichtete Indizes bewegen sich hingegen mit dem Markt und berücksichtigen dabei automatisch jedes erdenkliche Bewertungskriterium.
Viele Smart-Beta-Anbieter behaupten, dass kapitalgewichtete Indizes überbewertete Aktien übergewichten. Wer bestimmt denn, ab wann ein Unternehmen überbewertet ist? Auch hier gilt, dass der Marktpreis zu jeder Zeit die Konsensbewertung aller Marktteilnehmer widerspiegelt, sowohl die der Optimisten wie auch der Pessimisten. Viele Smart-Beta-Fonds gewichten Small Caps stärker mit der Begründung, dass Aktien kleinerer Unternehmen bessere Renditen erzielen. Hierzu muss man wissen, dass viele Studien zu diesem Thema sich auf Zeitintervalle beziehen, die der jeweilige Fondsanbieter selbst ausgesucht hat. Zwar stimmt es, dass Small Caps über diese Zeiträume im Durchschnitt besser abgeschnitten haben, allerdings lassen sich hier auch immer Perioden signifikanter Unterperformance beobachten. Outperformance durch simplen Ausschluss grosser Unternehmen klingt einfach zu gut, um wahr zu sein.
Was würden Sie Investoren raten, die in Smart-Beta-Fonds investieren wollen? Anleger sollten sich vor allem darüber im Klaren sein, was sie erreichen wollen. Auch wenn ihr Name dies suggeriert, kann man nicht davon ausgehen, das Smart-Beta-Fonds bessere Marktsegmente abbilden als der Gesamtmarkt. Welche Segmente morgen gewinnen werden, weiss heute noch niemand, auch Smart-Beta Anbieter nicht. Die Über- und Untergewichtungen, die diese Fonds vornehmen, hin zu Aktien mit geringer Marktkapitalisierung und Obligationen aus Schwellenländern, kann man auch anders erreichen. Smart-Beta-Fonds sind keine regelbasierten Alpha-Generatoren so etwas gibt es nicht , sondern eine Wette gegen den Markt. Diese Wette kann sich bezahlt machen, oder eben auch nicht.
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