Der Wirtschafts- und Börsenabschwung hat das Tiefst noch nicht erreicht (Bild: shutterstock / Lightspring).
Der Abschwung von Wirtschaft und Finanzmärkten sorgt weltweit für Verunsicherung und hält die Anleger in Atem. In einer Analyse gehen die Analysten von Robeco der Frage nach, wie weit der Abschwung bereits in den Anlagemärkten eingepreist ist und ob die Zeit für Long-Beta-Positionen schon gekommen ist. Sie raten, noch abzuwarten.
13.10.2022, 10:43 Uhr
Redaktion: ras
Zurzeit wird viel darüber gerätselt, wann, wie lange und wie schwer die kommende Rezession ausfallen wird. Auf der Suche nach Hinweisen haben die Analysten von Robeco einige historische Analysen durchgeführt. Diese fassen sie in vier Punkten zusammen.
Abschwung noch nicht voll eingepreist
Erstens lehrt die Geschichte, dass Spreads tendenziell grösser werden, wenn der US-Einkaufsmanagerindex ISM bzw. PMI von 60 auf 50 zurückgeht. Erst wenn sich eine Rezession bestätigt hat, d.h. wenn der ISM und die PMIs auf weniger als 47 bis 48 Zähler sinken, wird der Abschwung normalerweise eingepreist. Wenn die ISMs oder PMIs sich auch dieses Mal als verlässliche Indikatoren erweisen, haben wir diesen Punkt noch nicht erreicht.
Zweitens geht die Zahl neu geschaffener Arbeitsplätze in den USA am Ende des Zinserhöhungszyklus auf durchschnittlich unter 200’000 zurück. Noch liegt die US-Wirtschaft deutlich darüber.
Drittens waren die Finanzierungskonditionen in der Vergangenheit während einer Rezession im Mittel viel strenger als zurzeit. Die Auswirkungen auf Zinssätze, den Ölpreis und Aktien werden diesem Indikator zufolge noch länger zu spüren sein.
Viertens tendiert die hartnäckige Inflation so wie die Mieten weiter aufwärts. Auch der von der Fed-Regionalbank in Atlanta ermittelte Index zur Lohn- und Gehaltsentwicklung lässt bisher keine nennenswerte Abschwächung erkennen.
Abschwung dauert erst neun Monate
Insgesamt kommen die Robeco-Experten zum Schluss, dass dieser Punkt im Konjunkturzyklus ausgehend von den meisten Kennzahlen noch nicht erreicht ist. Ausserdem dauerten in der Vergangenheit mit einer Rezession einhergehende Abwärtsphasen an den Obligationenmärkten mindestens eineinhalb Jahre. Der jetzige dauert erst neun Monate. Zudem erhöhen sich die Spreads in der Regel um mindestens 150 Basispunkte, während sie im jetzigen Bärenmarkt bisher um weniger als die Hälfte gestiegen sind.
Wann genau das Ende des Zinserhöhungszyklus erreicht sein wird, lässt sich unmöglich vorhersagen. «Wir wissen aber, dass die Zinssätze in der Vergangenheit ihren Höchststand vor den Kreditspreads erreicht haben. Und wir wissen auch, dass die Zinssätze im Durchschnitt um den Zeitpunkt der vorletzten Zinserhöhung herum ihren Höchststand erreicht haben», bemerkt Jamie Stuttard, Credit Strategist bei Robeco. «Daher kommen wir zu dem Schluss, dass wir irgendwann im November oder Dezember dieses Jahres an diesem Punkt ankommen könnten.»
Ernsthafte Sorgen bereiten die Wachstumserwartungen, die Schuldenstände und die sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit. China dürfte ihre Rolle als Wirtschaftslokomotive kaum erfüllen und eine für die Wirtschaft restriktive Covid-Politik wäre ebenfalls nicht hilfreich. Wir wollen nicht zu pessimistisch klingen, müssen uns aber bis zum Eintritt in die letzte Phase des Kreditzyklus noch etwas gedulden», wirft Victor Verberk ein.
Bewertungskennzahlen werden attraktiver
Optimistisch stimmt, dass die sehr schmerzliche positive Korrelation zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen sowie Aktien im bisherigen Verlauf dieses Jahres zu deutlich besseren Bewertungskennzahlen geführt hat. Ein typischer Mischfonds mit 60% Aktien- und 40% Rentenanteil hat 18% verloren, und die Anleihemärkte haben in Bezug auf die Gesamtrendite die schlimmste Verkaufswelle seit Jahren erlebt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich die Preisfindung allmählich auf ein attraktiveres Niveau zubewegt.
Das Abziehen von Liquidität durch die Zentralbanken ist immer noch der treibende Faktor an den Märkten. Die Renditen von Aktien und Unternehmensanleihen korrelieren nach wie vor mit Veränderungen der Gesamtbilanzen der wichtigsten Zentralbanken der Welt. Der Wechsel von QE (Geldmengenexpansion) zu QT (Geldmengenstraffung) sorgt für grossen Abwärtsdruck auf die Asset-Preise. Angesichts der überdeutlichen Botschaft der Zentralbanken, dass es für sie nach wie vor oberste Priorität hat, die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen, erwarten die Robeco-Analysten auf absehbare Zeit nicht, dass ein QE-Programm den Markt retten wird.
Zeit der Unsicherheit und Volatilität
Vielmehr sollten sich die Anleger auf grössere Volatilität einstellen. Von der vorletzten Zinserhöhung sind wir noch einige Monate entfernt, und selbst nach einer Stabilisierung der Zinsen ist nach der bisherigen Erfahrung zu erwarten, dass es zunächst eine Phase mit fallenden Ertragsrenditen und steigenden Spreads geben wird, meint das Autorenteam.
Sander Bus, Co-Leiter des Robeco Credits Teams, kommt zu folgendem Fazit: «Wenn wir etwas aus der Geschichte lernen können, dann ist es, dass sich die Konjunktur noch etwas weiter abkühlen muss, dass die Zentralbanken möglicherweise überreagieren werden und der Markt eine ausgewachsene Rezession im Allgemeinen noch nicht eingepreist hat. Wir sind uns der grösseren Spreads bewusst, und in einigen Marktsegmenten nehme wir bereits wieder Käufe vor. Wir sollten uns aber noch etwas gedulden, bevor wir uns für eine Long-Beta-Position entscheiden.»
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