Werbung

Recht hat am Ende der Markt

Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management
Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management

Die Prognosen für die US-Unternehmensgewinne sinken seit mehr als einem Jahr, womit es den Unternehmen tendenziell leichter fallen wird, die Markterwartungen zu übertreffen. Zudem haben sich zuletzt die konjunkturellen Frühindikatoren in den USA überraschend aufgehellt. Sollte sich diese Entwicklung auch auf breiterer Basis bestätigen, würde LGT Capital Management die insgesamt defensive Positionierung hinterfragen.

12.10.2012, 11:49 Uhr

Redaktion: sek

Gestern wurde in den USA die Berichtssaison für das dritte Quartal 2012 eröffnet. Die Analysten zeigen sich vorsichtig. Das Ergebnis je Aktie (EPS) für die S&P 500-Mitglieder soll um rund 2% gegenüber dem Vorjahr gesunken sein. Der Aktienmarkt scheint allerdings eine bessere Entwicklung vorwegzunehmen. Der S&P 500 notiert zwar Wochenvergleich unverändert, doch im Quartalsvergleich ist das Barometer um 7.5% gestiegen. Im Jahresvergleich ergibt sich sogar ein Kursanstieg von 21% (die zweitbeste Kursperformance unter den Top-Märkten nach dem DAX Preisindex). Wer wird am Ende Recht behalten? Der Markt oder der Konsens?

Der Konsensprognose weicht meist deutlich vom tatsächlichen Resultat ab
Auf Seite 3 im angehängten Dokument vergleicht LGT Capital Management die US-Konsensprognosen mit den Ergebnissen seit 2007. Es wird deutlich, dass die Konsensschätzungen in den vergangenen 22 Quartalen meistens deutlich von den Ergebnissen abwichen. Genauer gesagt: Während der Finanzkrise 2007 und 2008 wurden die Gewinne stets überschätzt und seit Beginn der Erholung im März 2009 fast immer unterschätzt. Interessant ist auch, dass die Aktienerholung genau in jenem Quartal einsetzte, als der Konsens begann, die Gewinne zu unterschätzen. Wird die aktuelle Q3-Berichtssaison zu den wenigen Ausnahmen zählen und tatsächlich enttäuschen? Seit gut zwei Jahren warnen viele Analysten davor, dass der Höhepunkt bei den Gewinnmargen bereits überschritten sei. Bisher ist dieses Szenario aber nicht eingetroffen. Kurzfristige Enttäuschungen und externe Schocks können natürlich nie ausgeschlossen werden – schon gar nicht in einer Zeit, in der es an wirtschaftlichen Risikofaktoren nicht mangelt («fiskalische Klippe» in den USA, Dauerthema Eurokrise, Abschwung in China, usw.).

Gewinnrevisionen als Contraindikator
Es ist aber auch klar, dass die Konsensschätzungen einen guten Contraindikator darstellen können. Was wirklich zählt sind weniger die Revisionen der Analystenschätzungen, sondern deren Abweichung vom tatsächlichen Ergebnis. Dass die Hausse genau dann einsetzte, als der Konsens die Ergebnisse systematisch zu unterschätzen begann, wurde bereits erwähnt. Es gibt weitere Beispiele: Der letzte Abwärtszyklus bei den Gewinnrevisionen begann im September 2011: Die EPS-Schätzungen für 2012 und 2013 wurden seitdem um 8% bis 10% reduziert. Trotzdem ist der S&P 500 in dieser Zeit um 28% gestiegen (wobei 85% dieser Avance bis Mai verbucht wurde – also noch bevor die Hoffnung auf neuerliche Stützungsmassnahmen der Notenbanken das treibende Thema an den Finanzmärkten darstellte). Umgekehrt wurden im Laufe der ersten neun Monate dieses Jahres die Prognosen um jeweils rund 4% erhöht – und in diesem Zeitraum fiel der S&P 500 um knapp 10%. In diesem Sinne sollten man sich erst dann Sorgen um den Markt machen, wenn die Analysten beginnen, ihre Schätzungen trendmässig zu erhöhen. Soweit dürften wir aber noch nicht sein.

Amerikas Einkaufsmanager signalisieren Aufhellung der Geschäftsaktivität
Dazu kommt, dass sich einige Frühindikatoren in den USA zuletzt überraschend aufgehellt haben. Nach mehreren verhaltenen Monaten signalisierten die Einkaufsmanagerumfragen des «Institute für Supply Management» im September endlich wieder Wachstum: Der Bereich der Dienstleistungen wächst dabei wieder etwas kräftiger, während die verarbeitende Industrie zum Expansionspfad zurückgekehrt ist. Besonders erfreulich ist, dass der Auftragseingang in beiden Segmenten wieder deutlich gestiegen ist (vgl. Grafik 2, Seite 3). Selbst wenn die Q3-Berichtssaison also enttäuschen sollte, könnte sich inzwischen der Ausblick ausreichend verbessert haben.

Defensive Positionierung bleibt vorerst weiter bestehen
Was die taktische Anlagepositionierung betrifft, bleibt LGT vorerst insgesamt defensiv aufgestellt. Angesichts der starken Erholung der Aktienmärkte seit Anfang Juni erscheint eine Konsolidierungsphase in naher Zukunft nach wie vor als wahrscheinlich. Es sei auch angemerkt, dass gleichzeitig selektive Exponierungen gegenüber Anlagen beibehalten werden, die von der gegenwärtigen expansiven («reflationären») Politik der Notenbanken profitieren können – darunter auch ein Übergewicht bei US-Aktien. Sollten sich die positiven Indikationen aus Volkswirtschaft, Finanzmarkt und Geschäftswelt aber weiter auf zunehmend breiter und globaler Basis verdichten, würde LGT ihre Positionierung hinterfragen.

Lesen Sie hier die ganze Analyse von Mikio Kumada.

Alle Artikel anzeigen

Diese Website verwendet Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Website zu ermöglichen.> Datenschutzerklärung