Neuorientierung

Nach den Börsenturbulenzen Ende Januar befinden sich die Märkte in einer Phase der Neuorientierung. Es gibt einige Faktoren, welche die nächste grössere Bewegung auslösen können, so Thomas Heller, CIO der Schwyzer Kantonalbank.

06.04.2018, 10:28 Uhr

Redaktion: jod

2017 gab es einige potenzielle Störfaktoren für die Märkte: Die Wende in der Geldpolitik, die Befürchtung eines Inflationsanstiegs und höherer Zinsen oder politische Unwägbarkeiten (u.a. US-Innenpolitik, Nordkorea-Konflikt, diverse Wahlen). Die Märkte zeigten sich von all dem jedoch unbeeindruckt. Anders in diesem Jahr. Im Januar zogen die Kapitalmarktzinsen markant an und der über Erwarten starke Anstieg der US-Löhne liess Inflationsängste sowie Sorgen um eine restriktivere Geldpolitik aufkommen. Dies brachte das Fass zum Überlaufen. Die Aktienkurse gaben deutlich nach. Mit dem Handelsstreit zwischen den USA und China kam eine politische Komponente hinzu, welche die Märkte nicht zur Ruhe kommen lässt.

Wie geht es weiter? Derzeit befinden sich die Märkte in einer Phase der Neuorientierung. Es gibt einige Faktoren, welche die nächste grössere Bewegung auslösen können. Zum Beispiel das Wachstum: Überhitzt die Konjunktur oder schwächt sie sich zu stark ab? Ersteres könnte die Notenbanken zu einem restriktiveren Kurs zwingen. Zweiteres würde das Inflationsziel von 2% in weite Ferne rücken lassen und womöglich die unkonventionelle Geldpolitik verlängern. Auch der gegenwärtige Handelsstreit kann zwei Richtungen nehmen. Spielen alle Parteien auf hart, ist dies ein Wachstumsdämpfer und eine Belastung für die Ertragsaussichten der Unternehmen. Erfolgreiche Verhandlungen - etwa wenn die EU den USA mit niedrigeren Zöllen entgegenkommt - würden eine Entlastung bringen.

Ausserdem lauert mit der Verschuldung eine Gefahr, die das Marktgeschehen bislang kaum beeinflusst. Trotz der verbesserten wirtschaftlichen Lage verharrt die Schuldenquote auf den im Zuge der Finanzkrise aufgebauten Höchstständen. In den USA - dem grössten Schuldner der Welt - erhöhen die Einnahmeausfälle (Steuerreform) und mögliche Mehrausgaben (Infrastruktur, Aufrüstung, Mauerbau) den Kapitalbedarf des Staates. Gleichzeitig fehlt mit der Fed ein wichtiger Käufer von US-Staatsanleihen. Mehr Angebot, weniger Nachfrage - für ein neues Gleichgewicht müssen die Zinsen steigen. Und das ist genau, was sich die hochverschuldete Welt nicht leisten kann: einen (zu) raschen und (zu) starken Anstieg der Zinsen.

Es ist noch offen, welche Faktoren wann die Oberhand gewinnen werden. Auch die Märkte sind diesbezüglich unschlüssig. Erst wenn darüber mehr Klarheit herrscht, wird sich ein neuer Trend etablieren. Bis dahin wird sich die volatile Seitwärtsbewegung der vergangenen Wochen fortsetzen.

Alle Artikel anzeigen

Diese Website verwendet Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Website zu ermöglichen.> Datenschutzerklärung