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Mind the Gap!

Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Strategy bei ING Investment Management
Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Strategy bei ING Investment Management

An den Märkten ist zunehmend davon die Rede, der Ausblick auf den weiteren Kurs der Notenbanken in den USA und Europa müsse angepasst werden. Gleichwohl blieb die Preisdynamik in den meisten Segmenten der Finanzmärkte in letzter Zeit recht gedämpft. Lesen Sie hier den Marktkommentar von Valentijn van Nieuwenhuijzen, ING IM.

29.11.2013, 14:24 Uhr

Redaktion: dab

Angesichts der volkswirtschaftlichen Daten im Allgemeinen und der Ertragsdaten im Besonderen dürfte es in den kommenden zwölf bis 18 Monaten zu einer Normalisierung der Asset-Allokation sowie der relativen Renditeabstände kommen. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass sich bei Investoren die Angst vor einem Marktschock gelegt hat. Die Verringerung des Renditeabstands ist übrigens ein Faktor, der nicht überbetont werden kann. Dies gilt umso mehr in einem Umfeld, in dem bereits von einer Bubble die Rede ist oder zumindest die Bewertungen der verschiedenen Assetklassen zunehmend Sorge bereiten, vor allem auch vor dem Hintergrund der weiterhin extrem lockeren Geldpolitik.

Über den Sinn des geldpolitischen Kurses kann man streiten. Die Haltung zu diesem Kurs hängt jeweils davon ab, inwieweit der Einzelne hier betroffen ist. Wir würden allerdings argumentieren, dass das gegenwärtige Risikogleichgewicht vor dem volkswirtschaftlichen Hintergrund den verfolgten Ansatz (mehr als) rechtfertigt. Unser Basisszenario für die Zukunft sieht weder hohe Inflation noch Blasenbildung vor. Natürlich können wir nicht ausschliessen, dass ein solches Risiko dennoch eintritt. Doch momentan haben wir den Eindruck, dass das Makro-Umfeld das niedrige Renditeniveau bei Staats- und Unternehmensanleihen weitgehend bedingt, insofern kann von einer Blase nicht die Rede sein.

Doch hat dieses Segment des Finanzmarktes in den letzten Jahren ausgesprochen kräftige Kapitalzuflüsse verzeichnet. Gerade auf den Anleihemärkten der Emerging Markets impliziert die Kapitalflussdynamik das Risiko einer Trendumkehr, sobald die Weltwirtschaft in die nächste Phase des gegenwärtigen Austarierungsprozesses eintritt. Eine solche Trendwende würde eine Neubewertung der zugrundeliegenden Risiken nach sich ziehen.

Diese Neubewertung würde sich allerdings erst bemerkbar machen, wenn man die verschiedenen Anlageformen miteinander vergleicht. Die Risikozuschläge (Spreads) bei Festzinsanleihen sind zwar nicht übermässig gering, aber doch sehr bescheiden im Vergleich zu den Prämien, mit denen die Übernahme von Aktienrisiken belohnt wird.

Wie die Grafik unten zeigt, ist die Prämie (basierend auf Gewinnrendite abzgl. Realzinssatz), die durch Risikoumschichtung von Anleihen zu Aktien erzielt werden kann, immer noch ausserordentlich hoch.

Für diejenigen, die die Rekordkurse an den Aktienmärkten verfolgen oder die Aktienmarktbewertungen vorzugsweise mit Blick auf die KGVs bzw. die Gewinnrenditen beurteilen (blaue Punktlinie im Schaubild), mag die Aussage, Aktien seien attraktiv, sonderbar klingen. Dabei möchten wir allerdings betonen, dass die Bewertung von Aktien und anderen Assetklassen stets im Verhältnis zum zugrundeliegenden Makroumfeld und zur Attraktivität anderer Anlagemöglichkeiten zu beurteilen ist.

Das Makroumfeld beeinflusst das allgemeine Niveau der Risikoprämien über die verschiedenen Anlageformen hinweg. Daher sollte es jetzt niedriger sein als zum Höhepunkt der Krise, aber wegen der anhaltenden Unwägbarkeiten immer noch höher als vor der Krise. Der Vergleich der Attraktivität der verschiedenen Anlageformen verdeutlicht, wie die verschiedenen Assetklassen zu unterschiedlichen Zeitpunkten relativ zueinander abschneiden. Es sei darauf hingewiesen, dass der Abstand zwischen Gewinnrendite und Anleiherenditen mit knapp 6 Prozent immer noch sehr gross ist und nahezu dem Allzeithoch entspricht (lässt man die Werte zum Zeitpunkt der Lehman-Pleite und zum Höhepunkt der Euro-Krise ausser Acht). Der Durchschnittswert liegt bei 3,2 Prozent.

Das bedeutet, dass es noch keinen Grund gibt, uns über breit angelegte Bubbles oder Kurshochs am Aktienmarkt Sorgen zu machen. Es mag schon sein, dass die Bewertungen am Aktienmarkt, relativ gesehen, immer noch bemerkenswert attraktiv sind. Das gilt umso mehr, da sowohl die konjunkturelle als auch die politische Dynamik sich in Richtung einer weiteren Mässigung der Risikoprämien bei allen Anlageformen entwickelt. Wir erwarten daher für den Rest des Jahres und auch 2014 eine weitere allmähliche Normalisierung der Asset-Allokation bei globalen Vermögensverwaltern. Es überrascht insofern wohl nicht, dass wir bei Aktien weiter die am stärksten übergewichteten Positionen halten.

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