Mentalität der EZB: Ein willkommener Impulsgeber

Valentijn van Nieuwenhuijzen, Chefstratege bei ING IM
Valentijn van Nieuwenhuijzen, Chefstratege bei ING IM

Neben den niedrigen Zinsen begünstigt auch der fallende Euro die Exporte und die Inflationsentwicklung. Dies könnte den Risikoappetit bei Investoren beleben, während die „Whatever it takes“- Mentalität an der EZB-Spitze das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen stärkt. Lesen Sie den Marktkommentar von Valentijn van Nieuwenhuijzen, Chefstratege bei ING IM.

02.10.2014, 09:04 Uhr

Redaktion: dab

Seit dem Sommer mussten die Finanzmärkte wieder mit deutlich mehr Unsicherheit fertigwerden. Ein Grund sind die eskalierenden Spannungen in der Ukraine und im Nahen Osten. Doch trotz zunehmender Risikoaversion bei den Anlegern halten sich die negativen Folgen in Grenzen. Risikoreiche Assets wie Aktien entwickeln sich weiterhin positiv, während der Ölpreis deutlich gesunken ist.

Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die gestiegene Unsicherheit im Hinblick auf die weltweite Geldpolitik. Als auf einmal der Begriff „Tapering“ in aller Munde war, zeigte sich, dass die Aussicht auf ein Versiegen der Liquiditätsschwemme plus höhere Zinsen Anleger doch recht nervös machte. Davon, dass die US-Zinsen über „längere“ oder „beträchtliche“ Zeit auf niedrigem Niveau verharren werden, ist jetzt nicht mehr die Rede. Das QE3-Programm der Federal Reserve geht seinem Ende zu, entsprechend spekuliert der Markt bereits über den konkreten Zeitpunkt der ersten Zinsanhebung. Damit ist zwar nicht vor dem dritten Quartal 2015 zu rechnen, doch eine Zunahme der Volatilität, vor allem an den Anleihemärkten, ist wahrscheinlich.

Zum Glück bildet die Haltung der EZB ein Gegengewicht zur voraussichtlichen zinspolitischen Straffung auf der anderen Seite des Atlantiks. Als Reaktion auf die stockende Konjunktur, sinkende Inflation und vor allem die rückläufigen Inflationserwartungen hat Mario Draghi schliesslich ein QE-Programm angekündigt. Bislang tangiert das nur Asset-Backed Securities („ABS“) sowie Covered Bonds, doch über kurz oder lang werden auch Staatsanleihen betroffen sein. Die Gefahr, dass die Zentralbanker der Kernstaaten, wie beispielsweise Deutschland, diese Pläne unterlaufen, ist zwar noch nicht ganz gebannt, doch es ist Draghi bislang stets gelungen, die Märkte positiv zu überraschen.

In den letzten paar Jahren waren es vor allem die massiven Liquiditätsspritzen der Zentralbanken, insbesondere der Fed, die die Investitionsströme antrieben, insofern ist eine gewisse Nervosität im Hinblick auf das Ende einer Ära verständlich. Doch die Aussicht auf neue EZB-Massnahmen hat die Jagd nach Renditen in den vergangenen Monaten erneut beflügelt. Während die Renditen von Bundesanleihen unter ein Prozent sanken, fielen auch die Zinsen auf Staatsanleihen von der EWU-Peripherie in einem Masse, wie man es noch vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Diese Kategorie weist zwar noch ein gewisses Potenzial auf, doch viele andere Fixed-Income-Anlagen bieten Investoren ein nur begrenztes Aufwärtspotenzial. Um die (voraussichtliche) Inflationsentwicklung bereinigt, sind die realen Ertragschancen in der Tat rückläufig.

Da die starke Nachfrage nach Anlagen, die Einkünfte abwerfen, voraussichtlich anhalten wird, dürften Aktien und Immobilien sich wachsender Beliebtheit erfreuen. Dafür wird nicht nur der grössere Zustrom von Anlegern, die Ertragsgeneratoren in ihrem Portfolio haben wollen, sorgen, sondern auch die wahrscheinliche Erholung bei globalem Wachstum, Gewinnen und Beschäftigung. Für Europa sind die neuesten Schritte der EZB gerade angesichts der schwelenden Spannungen mit Russland und der schwächeren Konjunkturdaten in den letzten Monaten ein willkommener Impulsgeber. Neben den niedrigen Zinsen begünstigt auch der fallende Euro die Exporte und die Inflationsentwicklung. Dies könnte den Risikoappetit bei Investoren beleben, während die „Whatever it takes“- Mentalität an der EZB-Spitze das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen stärkt.

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