Märkte sind immer noch im Bann der Politik

Marino Valensise, Leiter der Multi Asset Group bei Baring Asset Management.
Marino Valensise, Leiter der Multi Asset Group bei Baring Asset Management.

Das enttäuschende Wachstum in den USA hatte positive Auswirkungen auf die Aktienkurse. Momentan scheinen sich die Märkte weltweit in einer Abhängigkeit der Politik zu befinden. Falls sich das enttäuschende Wachstum des ersten Quartals im zweiten Quartal nicht fortsetzt, dürfte die US-Notenbank im September handeln. Lesen Sie den Marktkommentar von Marino Valensise, Leiter der Multi Asset Group bei Baring AM.

03.06.2015, 10:58 Uhr

Redaktion: dab

Bei Baring Asset Management (Barings) ist man der Auffassung, dass sich das enttäuschende Wachstum in den USA dennoch vorteilhaft auf die Aktienkurse ausgewirkt hat und dass die Erwartungen an eine baldige Zinserhöhung durch die US-Notenbank Federal Reserve zurückgegangen sind. Infolgedessen glaubt Barings, dass sich die Märkte weltweit in eine Abhängigkeit von der Politik begeben haben und nicht die Wirtschaftslage, sondern die Geldpolitik die Märkte antreibt. Diese Tatsache ist nicht nur in den Industrieländern offensichtlich, sondern auch in weiter östlich gelegenen Volkswirtschaften, einschliesslich China.

Nach wie vor ist man bei Barings aber davon überzeugt, dass die US-Notenbank im September handeln wird, insofern sich das enttäuschende Wachstum des ersten Quartals nicht auch im zweiten Quartal fortsetzt.

Bezogen auf Japan ist laut Barings die Unternehmensrentabilität solide, und zwar auch im Hinblick auf Firmen ausserhalb des Exportsektors. In der Eurozone zeichnet sich infolge einer besseren Ausweitung der Geldmengenaggregate eine stärkere Kreditvergabe ab. Obwohl die Konjunkturdaten in beiden Regionen uneinheitlich ausfielen, erkennt man bei Barings echte Fortschritte und geht davon aus, dass beide Volkswirtschaften zukünftig einen wichtigen Beitrag zum globalen Wachstum leisten werden.

Marino Valensise, Leiter der Multi Asset Group bei Baring Asset Management, sagte: „Die jüngsten Wirtschaftsdaten fielen nicht überragend aus. Unserer Auffassung nach handelt es sich hierbei einfach um eine saisonale Abschwächung, wie wir es auch in den vergangenen Jahren bereits erlebt haben, weshalb wir unsere langfristige Prognose für ein höheres Wachstum zum Jahresende hin beibehalten.

In den Jahren nach der Finanzkrise haben die Zentralbanken getan, „was auch immer nötig ist“, um die Marktvolatilität einzudämmen, den Zugang zu Krediten zu erleichtern und sich an verschiedenen Arten der Finanzrepression zu beteiligen, wodurch die Sparer aufgrund der niedrigen Zinsen belastet wurden. Die wirtschaftlichen Bedingungen könnten sich soweit erholen, dass diese politischen Massnahmen eingestellt oder sogar umgekehrt werden müssten. Sobald dies der Fall ist, besteht jedoch das Risiko, dass das, was unterdrückt wurde, mit aller Macht zum Vorschein kommt. Nachdem die Katze so lange im Sack gehalten wurde, ist es unmöglich abzuschätzen, welchen Schaden sie anrichtet, sobald sie aus dem Sack ist."

Nach Ansicht von Barings würde eine Verbesserung des US-Arbeitsmarktes, bis hin zu einem möglicherweise inflationären Niveau, politische Handlungen erforderlich machen. Darüber hinaus könnten jedoch auch zwei weitere Aspekte eine wichtige Rolle bei der Zinsentscheidung spielen.

Marino Valensise erläutert: „Erstens besteht der Wunsch nach einem Wiederaufbau des Zinsniveaus, damit die Zinsen, falls notwendig, auch wieder gesenkt werden können. Somit würde die Federal Reserve erneut Handlungsspielraum für zukünftige Abschwungphasen erlangen. Zweitens muss der Kreditmarkt diszipliniert werden und eine übermässige Kreditaufnahme vermieden sowie die Fehlallokation von Kapital gestoppt werden. US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen liess Anfang Mai Bemerkungen fallen, die der „irrationalen Überschwang“-Rede des früheren Fed-Chefs Alan Greenspan aus dem Jahr 1996 ähnelten. Die wichtigste Prüfung ihrer Amtszeit wird es für Yellen sein, den Ausstieg der Katze aus dem Sack zu bewältigen.“

Nach Feststellung von Barings entwickeln sich Schwellenländer auf der Aktienseite seit längerer Zeit schon schlechter als Industrieländer und man ist bei der Investmentgesellschaft der Auffassung, dass Anleger möglicherweise das Ende dieser Entwicklung sehen werden, sobald der Zinsanstieg in den USA vollständig eingepreist ist.

Marino Valensise sagt weiterhin: „Wir erkennen eine Reihe von Faktoren, die einen Wendepunkt nahezulegen scheinen: Schwache Positionierung in globalen Portfolios, schwer angeschlagene Rohstoffriesen in Russland und Brasilien, chinesische Aktien steigen wegen der lockeren Geldpolitik stark an, Asien profitiert überdurchschnittlich stark von dem Ölpreisrückgang. Ein starker US-Dollar und eine mögliche Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank verheissen für die unmittelbare Wertentwicklung von Schwellenländern erst einmal nichts Gutes. Allerdings könnte es zu einem Wendepunkt kommen, sobald die erste Zinserhöhung verdaut ist und die höheren Zinsen und der starke US-Dollar vollständig am Markt eingepreist wurden. Dies könnte der Moment des Umschwungs sein.“

Die Anlagestrategie von Barings, einschliesslich der Präferenz für Aktien und der Neigung zu Japan und Europa, bleibt unverändert. Auf Sektorenebene hat man den Finanzsektor auf das Niveau einer bevorzugten Branche angehoben, da die Bedingungen sowohl für US- als auch für europäische Banken freundlicher werden.

* Barings, April 2015.

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