Lateinamerikanischer Riese tanzt zu Samba-Rhythmen

Angesichts der letzten Finanzkrise erkennen internationale Anleger zunehmend die Attraktivität des brasilianischen Aktienmarktes. Rogerio Poppe, leitender Portfoliomanager bei BNY Mellon ARX und Manager des BNY Mellon Brazil Equity Fund, geht in diesem Bericht auf die wirtschaftliche Lage Brasiliens sowie die Aussichten für brasilianische Aktien ein.

04.07.2011, 17:14 Uhr

Redaktion: hes

„Bei der Präsidentschaftswahl Ende 2010 wurde Dilma Rousseff zur ersten weiblichen Regierungschefin des Landes gewählt. Seitdem haben wir viel Arbeit investiert, um so eindeutig wie möglich zu skizzieren, wie die brasilianische Regierung und die geldmarktpolitischen Behörden das Problem des Inflationsdrucks, unter dem das Land derzeit leidet, lösen möchten. Deshalb war die jüngste Verschärfung der Geldmarktpolitik zu erwarten“, so Poppe.


„Obwohl wir die langfristigen Aussichten der Wirtschaft nach wie vor äusserst zuversichtlich beurteilen, könnte eine strengere Geldmarktpolitik die Unternehmen, in denen wir investiert sind, vorübergehend etwas belasten”, fährt er fort. „Da das Bewertungsniveau von Aktien inzwischen aber wohl ein wenig ausgereizt ist (nicht zuletzt auch wegen des erwarteten Rückgangs des BIP-Wachstums), sind wir immer noch fest davon überzeugt, dass sich unsere vergleichsweise defensive Anlagestrategie auf lange Sicht auch weiterhin auszahlen wird.


Aufgrund des lediglich mässigen Wirtschaftswachstums, das in den etablierten Märkten wahrscheinlich ein grundlegendes Problem bleiben wird, sind wir ausserdem optimistisch, dass die Mittelzuflüsse in brasilianische Aktien seitens ausländischer Investoren die Bewertungen dieser Papiere stützen werden. Darüber hinaus beurteilen wir die Aussichten für das BIP-Wachstum Brasiliens inzwischen zwar etwas zurückhaltender als bisher, gehen aber nicht davon aus, dass dies die Gewinnerwartungen der Unternehmen gravierend beeinträchtigen wird. Mit anderen Worten: Obwohl wir in Brasilien eine Verschärfung der Fiskal- und Geldmarktpolitik erwarten, halten wir eine sehr ausgeprägte Verkaufswelle am Aktienmarkt für unwahrscheinlich“, so Poppe.


Bausteine für zukünftig gute Ergebnisse
„Mit Blick auf den Markt sind wir der Meinung, dass man in Segmenten aus dem Infrastrukturumfeld momentan einige potenziell attraktive Anlagechancen herausfiltern kann. So gehen wir davon aus, dass der Staat aggressiv in die Infrastruktur investieren wird. In diesem Zusammenhang sind die FIFA-Weltmeisterschaft 2014 sowie die Olympischen Spiele 2016, die jeweils in Rio de Janeiro stattfinden, von grosser Bedeutung“, erläutert er. „Darüber hinaus erwartet man für die nächsten Monate eine Vielzahl von Börsengängen. Dadurch bieten sich einige Chancen, um sich in frisch an der Börse notierten Firmen zu engagieren.“


Poppe und sein Team sind der Meinung, dass Brasilien als Gastgeber von diesen Veranstaltungen wirtschaftlich profitieren wird, und zwar hauptsächlich in Form von Investitionen in die allgemeine urbane Infrastruktur. „Diese Investitionen werden die Wirtschaftsaktivitäten fast umgehend beflügeln und könnten darüber hinaus zur Folge haben, dass sich die Wirtschaftsleistung insgesamt auch längerfristig verbessert. Zunächst geht man von Investitionen in Höhe von rund 11 Mrd. US-Dollar aus, aber unseres Erachtens nach könnte dieser Betrag noch deutlich auf etwa 25 Mrd. US-Dollar ansteigen, je näher die entsprechende Veranstaltung rückt“, erklärt er.


„Wir vertreten ferner die Auffassung, dass aufgrund dieser Ereignisse endlich die für Brasilien dringend erforderlichen Infrastrukturinvestitionen getätigt werden. Zuletzt hat man nämlich kaum in die Infrastruktur investiert, weil man die Staatsverschuldung senken wollte“, fügt Poppe hinzu. „Um aber ein Wirtschaftswachstum von etwa 5% beizubehalten, muss Brasilien in grossem Stil in Infrastrukturprojekte wie Autobahnen, Schienenverbindungen und Flughäfen investieren. Deshalb sollte in diesen Segmenten demnächst ein immer grösseres Entgegenkommen seitens der Regierung zu beobachten sein.“

Banken und Rohstoffe bieten potenziell attraktive Anlagechancen
Für die kurzfristigen Aussichten brasilianischer Aktien ist Poppe zuversichtlich gestimmt. „Wir beurteilen die langfristigen Aussichten für das Gewinnwachstum brasilianischer Unternehmen nach wie vor sehr optimistisch“, so Poppe. „Auf Branchenebene bieten Banken unserer Meinung nach derzeit potenziell attraktive Anlagechancen. Unsere positive Einschätzung dieses Sektors beruht in erster Linie auf unserer Auffassung, dass die Gewinne der Banken durch die aktuellen aufsichtsrechtlichen Veränderungen nicht so stark belastet werden wie man aufgrund der jüngsten Kursverluste eigentlich hätte annehmen können.“


„Gleichzeitig schätzen wir die Aussichten von Aktien aus dem Konsumumfeld wegen des momentan eher unspektakulären BIP-Wachstums in Brasilien inzwischen zurückhaltender ein. So gehen wir davon aus, dass allein die weitere Verschärfung der Geldmarktpolitik den Druck auf den brasilianischen Konsum erhöhen wird. Allerdings“, schliesst Poppe, „sind wir für die weitere Entwicklung der Rohstoffpreise mittlerweile wieder optimistischer gestimmt. Der Grund dafür sind die unserer Meinung nach zunehmend positiven Aussichten für das Weltwirtschaftswachstum. Wir erwarten, dass dieser Trend die Aktienkurse brasilianischer Unternehmen aus dem Grundstoffumfeld stützen wird.“

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