Konstruktive Indikationen aus der Berichtssaison

Mikio Kumada, Global Strategist von LGT Capital Management.
Mikio Kumada, Global Strategist von LGT Capital Management.

Nach ersten Indikationen aus der Berichtssaison scheinen die US-Unternehmen ihre Gewinnmargen weiter in Rekordnähe halten zu können, während das globale Umsatzwachstum im Zuge von „Euro-Krise“ und Schwellenländer-Abschwung zuletzt so tief war wie seit dem Börsencrash von 2000-2002 nicht mehr. Genau diese Konstellation warnt aber vor verfrühten Sorgen über das zukünftige Ertragswachstum oder vermeintlich zu hohen Aktienbewertungen.

16.04.2014, 13:07 Uhr

Im letzten LGT Beacon widmeten wir uns den Unternehmensgewinnen und skizzierten einen konstruktiven Ausblick für die nächste Zeit. Heute greifen wir anlässlich der ersten Indikationen aus der amerikanischen Berichtssaison das Thema Gewinnmargen auf. Letzteres beschäftigt skeptische Investoren mindestens seit Herbst 2010, als die US-Margen erstmals das Niveau vor der Finanzkrise von 2008 erreichten. Schon damals warnten „Bären“ vor dem absehbaren „Ende der Fahnenstange“ bei den Margen, garniert mit den üblichen Begleitargumenten über steigende Aktienbewertungen, strukturelle Wachstumsschwächen und übertriebene Erwartungen. Solche Stimmen gehören auch zur Geräuschkulisse des seit einigen Tagen wieder etwas volatileren Börsengeschehens.

Wichtig ist das Wechselspiel zwischen Rentabilität und Umsatzwachstum
Tatsachlich begannen die Margen ab Herbst 2010 weltweit leicht zu sinken. Dennoch hat der S&P 500 - trotz zwischenzeitlicher Turbulenzen - seit September 2010 rund 60% zugelegt, gefolgt vom Nikkei 225 mit 48% und EuroStoxx mit 20%. Während die Margen sanken, konnten die Unternehmen aus Industrieländern nämlich ihr Umsatzwachstum gleichzeitig stabilisieren oder erhöhen. In den Schwellenländern flachte sich das Umsatzwachstum allerdings weiter deutlich ab. Der MSCI Emerging Markets hat im gleichen Zeitraum auch rund 6% verloren.

Befürchteter Margenrückgang scheint noch nicht stattzufinden
Doch zurück zur aktuellen Ertragssituation. Auf Basis der ersten 39 Ergebnisse der S&P 500-Mitglieder ist der aggregierte Gewinn je Aktie (EPS) im ersten Quartal im Jahresvergleich um 2.5% gestiegen, was zunächst nicht sehr berauschend wirkt. Rechnen wir aber die vergleichsweise volatilen Ergebnisse der Banken heraus, so wuchsen die EPS um 6.7%, was durchaus beachtlich ist: Knapp vor der Beginn der Berichtssaison lag die Konsensschätzung nämlich bei 1.2% (bzw. 1% für den Gesamtmarkt). Der Umsatz je Aktie (ohne Finanzsektor) stieg zudem um 4.2%, im Vergleich zu einem Erwartungswert von 3.5%. Das bedeutet, dass der Konsens tendenziell mit einem Margenrückgang gerechnet hatte - und dieser hat eben offenbar doch noch nicht stattgefunden.

Alle drei Kernelemente werden weiter unterschätzt
Mit anderen Worten, der Analysenkonsens unterschätzt weiterhin alle drei Kernelemente der Ertragskraft: Die Umsätze, die Gewinne und die Stabilität bzw. Dynamik der Betriebsmargen. Dies alleine würde unter halbwegs krisenfreien Umständen wahrscheinlich ausreichen, um die Aktienhausse noch eine gute Weile weiter am Leben zu halten und die Aktienkurse näher an die historischen Bewertungsobergrenzen zu bringen.

Potenzial für deutlich verbesserte Ertragsdynamik besteht
Es könnte sogar noch besser kommen: Sollte sich die Konjunktur an der Peripherie Europas weiter erholen und sich die Lage in den Schwellenländern stabilisieren, dann bestehen auf globaler Ebene gute Chancen für eine weitere Ausweitung der Gewinnmargen - und damit auch für eine deutliche Übertreffung des für die nächsten zwei Jahre erwarteten EPS-Wachstums von rund 10%. Bisher notieren nämlich nur die Margen der US-Unternehmen auf Rekordniveaus. In vielen anderen Märkten befinden sie sich noch 30% bis 50% unter den letzten Hochkonjunkturständen. Dazu kommt, dass das Umsatzwachstum der globalen Unternehmen während der letzten ein bis zwei Jahre so schwach wie zuletzt im direkten Anschluss an die Finanzkrise von 2008 war. Angesichts des nach wie vor starken Fokus auf die Profitabilität würde schon eine Rückkehr zu bescheidenem Umsatzwachstum wahrscheinlich ausreichen, um deutliche Gewinnsprünge zu ermöglichen. In dieser Situation ist es voraussichtlich noch verfrüht, sich um übertriebene Wachstumserwartungen oder ein mögliches Abklingen der Aktienhausse zu sorgen.

US-Margen halten sich trotz schleppendem globalen Wachstums auf Rekordniveau
Die US-Firmenmargen sind zuletzt gestiegen und halten sich auf historisch Rekordniveau. Das globale Umsatzwachstum ist seit 2012 negativ, was nur nach Finanzkrisen und Baissen zu beobachten ist. In den Schwellenländern könnte der langjährige Wachstumseinbruch langsam abgeschlossen sein. Wir sehen auch, dass die US-Margen den Umsatztrends tendenziell vorausgehen. Es würde daher nicht überraschen, wenn auf die jüngste Margenausweitung eine globale Umsatzerholung folgt. Das wäre auch stimmig mit den jüngsten Ergebnissen der weltweiten Markit-Einkaufsmanagerumfragen für die verarbeitenden Industrien. Es sei auch erwähnt, dass die Margen in den meisten anderen Märkten noch klar unter den historischen Normal- und Hochständen notieren - in machen asiatischen Ländern befinden sie sich sogar in der Nähe historischer Krisentiefs. Auf globaler Ebene besteht also sicherlich reichlich Potential für eine Margenausweitung.

Gute Erstindikationen aus der US-Berichtssaison
Es ist wie erwähnt noch nicht klar, dass die US-Margen ihren Höhepunkt hinter sich haben. Die Ergebnisse der aktuellen Gewinnsaison (ohne Finanzsektor, Stand 16. April) verweisen jedenfalls erneut darauf, dass die amerikanischen Betriebsgewinnmargen weiter unterschätzt werden. Wie die bisherigen Ergebnisse zeigen, ist die Abweichung vom jeweiligen Konsenswert bei den Gewinnen grösser als bei den Umsätzen. Es sei auch angemerkt, dass sie sich auf die laufend aktualisierten Konsensschätzungen bezieht. Daher übertreffen die EPS hier den Konsens um „nur“ knapp 2%. Im Vergleich zum Erwartungswert wenige Tage vor Beginn der Saison beträgt die positive Abweichung jedoch 5.5%.

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