Mikio Kumada, Global Strategist von LGT Capital Management
Vor einigen Tagen haben die Aktienkurse in Tokio heftig korrigiert, und in einigen Kommentaren werden wieder Zweifel an der umstrittenen und sicherlich riskanten Wirtschaftspolitik der neuen Regierung spürbar. Angesichts der klaren Marktsignale sollte die Wirkung von Abenomics nicht zu leichtfertig als Strohfeuer abgetan werden, so LGT.
29.05.2013, 11:00 Uhr
Redaktion: dab
Seit vergangenem Donnerstag hat die Volatilität an den Börsen etwas zugenommen, und mit Ausnahme der europäischen Börsen notieren die meisten Indizes heute tiefer als vor einer Woche. Am stärksten ist die Korrektur aber in Japan ausgefallen, wo der Topix seitdem um rund 8% eingebrochen ist. Allerdings hatte dieses breite Aktienbarometer (1,709 Unternehmen, Marktkapitalisierung: $4.1 Bio.) in einer praktisch ununterbrochenen Rallye seit Mitte November fast 80% zulegt mindestens viermal so viel wie die anderen Länderindizes. Zugleich wirft die Korrektur aber auch die Frage auf, ob es sich im Falle Japans um eine längere Konsolidierung oder sogar um eine Trendwende handeln könnte. Für Skeptiker war das jüngste Aufbäumen des Marktes sowieso entweder nur temporärer Natur, oder Teil eines Endspiels in mehreren Akten, welches mit einer Aktienhausse beginnt, letztlich aber in einer grossen Währungsentwertung und sogar Hyperinflation enden könnte. Nicht wenige Analysten warnen, dass die Folgen der noch expansiveren Geld- und Fiskalpolitik (schwacher Yen und steigende Zinsen), den Zeitpunkt der unausweichlichen Finanzkrise des hoch verschuldeten Staates nur noch näher bringen werde.
Finanzmärkte zeichnen immer noch ein entspanntes Gesamtbild Gewiss bleibt Japan noch den Beweis schuldig, dass es dieses Schicksal abwenden kann. Das praktische Problem für Anleger dabei: Wer die Beweiserbringung abwarten will, wird die Rallye grösstenteils wahrscheinlich verpassen. Dem Votum der Finanzmärkte nach, hat sich Nippon mit dem angelaufenen Wirtschaftsbelebungsprogramm (Abenomics) wenn nicht bessere Erfolgschancen, so zumindest etwas mehr Zeit erkauft, um seine Problem zu lösen. Das zeigt beispielsweise der Markt für Kreditausfallsversicherungen (Credit Default Swaps). Während die Risikoprämien (Spreads) für japanische Unternehmen vor Abenomics im Gegensatz zum globalen Trend aufwärts tendierten, sind sie seit Herbst von 2.2% auf nur mehr knapp 0.9% eingebrochen. Sie notieren inzwischen tiefer als für Schuldner aus Asien-Pazifik (1.1%) und Westeuropa (1%) und sind auch im Zuge der jüngsten Börsenkorrektur nur moderat gestiegen. Die Entwicklung impliziert also keine erhöhte Gefahr einer Schuldenkrise in Japan. Auch der Yen tendierte während der Aktienmarktturbulenzen der letzten Tage zwischenzeitlich rund 3% fester ebenfalls ein Hinweis, dass die Währung ihren Status als sicherer Hafen in Zeiten erhöhter Unsicherheit grundsätzlich noch nicht verloren hat.
Die Realzinsen sind wichtiger als die Nominalzinsen Ein vieldiskutiertes Sorgenkind stellen auch die steigenden Nominalzinsen dar. In der Tat sind die Umlaufrenditen zehnjähriger japanischer Staatsanleihen seit Herbst in zwischendurch sehr volatiler Weise von 0.75% auf knapp 0.9% gestiegen. Angesichts der angespannten Haushaltslage besteht die Sorge, dass ein weiterer Anstieg den Staat endgültig unfinanzierbar machen könnte. Hierbei wird aber die Bedeutung der Nominalzinsen tendenziell überschätzt. Ausschlaggegend sind die Realzinsen, d.h. die tatsächliche Zinsbelastung nach Berücksichtigung der Inflation und diese sind in Japan nicht nur deutlich weiter gesunken, sondern seit Ende 2012 auch erstmals negativ, was in den meisten anderen Ländern schon seit Jahren der Fall ist.
Historisch bemerkenswerte Rallye als Signal Die Marktsignale implizieren insgesamt also nach wie vor eine intakte reflationäre Hausse in Japan. Es sei nicht zuletzt auch erwähnt, dass die jüngste Rallye in Tokio alle Börsenaufschwünge der letzten zwei Jahrzehnte in den Schatten stellt. Vergleichbar starke Rallyes finden sich allerdings zu Beginn langjähriger Haussen: (1) 1986-1987, Beginn des japanischen Immobilienbooms nach dem Plaza-Abkommen von 1985 zur Aufwertung des Yen; (2) 1971-1972, Exportboom verbrauchsarmer Autos im Jahrzehnt der Öl-schocks; (3) 1952-1953, Beginn des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit. Wenn ein grosser, liquider und offener Markt derart deutliche Signale sendet, dann handelt es sich möglicherweise um mehr als nur um ein temporäres Strohfeuer.
Wo steht der Nikkei Ende Juni? Machen Sie mit bei unserer aktuellen fondstrends.ch-Umfrage.
Hochverzinsliche Floater schlagen sich gut im aktuellen Umfeld
03.07.2022, 06:00 Uhr
Variabel verzinsliche Hochzinsanleihen haben sich in der Phase der geldpolitischen Straffung deutlich besser entwickelt als festverzinsliche Titel. Das liegt nicht zuletzt an ihrem niedrigen Durationsrisiko. Die...
In Zeiten hoher Volatilität ist es wichtiger denn je, eine gezielte Venture-Capital-Strategie zu verfolgen, sagt Nils Rode von Schroders Capital. Er zählt die wichtigsten Punkte auf, die es dabei zu beachten gilt.
Die Zentralbankmassnahmen zur Inflationsbekämpfung setzen den Rohölpreis unter Druck. Esty Dwek von FlowBank erklärt, was der Preis des schwarzen Goldes verrät und zeigt Anlagegelegenheiten auf.
Schwellenländer haben mehr Spielraum bei Inflationsbewältigung
29.06.2022, 16:51 Uhr
Die Inflation steigt zwar weltweit, die Reaktionen darauf unterscheiden sich allerdings stark zwischen den Industrie- und den Schwellenländern. Unter anderem dank proaktiver Zinserhöhungen seien letztere in einer...
Während der brisante Mix von geopolitischen Risiken, hohen Inflationsraten und auseinanderlaufender Geldpolitik die Märkte weiterhin in Atem hält, prognostizieren die Ökonomen und Anlagestrategen von Invesco in...
Mit flexiblen Lösungen und Covered Bonds gegen die Volatilität
28.06.2022, 17:10 Uhr
Die wirtschaftlichen Aussichten und damit auch das Marktumfeld bleiben ungewiss. Sébastien Galy von Nordea Asset Management ordnet die Konjunkturaussichten der verschiedenen Regionen ein und erklärt, welche...
"Die Selbstkorrektur der Zentralbanken wird kommen"
28.06.2022, 12:16 Uhr
Um der Inflation Einhalt zu gebieten und ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, stehen die Währungshüter unter erheblichem Druck, ihren markigen Worten Taten folgen zu lassen, sagt Steve Ellis von Fidelity. Aber...
Die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten belasten den Schweizer M&A-Markt. In den kommenden zwölf Monaten werden deutlich weniger Transaktionen erwartet. Zudem zeichnet sich eine Trendwende bei den Kaufpreisen ab. Das...
"ESG ist wichtig, aber es wird die Welt nicht verändern"
27.06.2022, 16:12 Uhr
Bei ESG geht es um Verhaltensweisen. Und laut Nick Parsons von Thomas Lloyd haben die am besten geführten Unternehmen der Welt schon gute Verhaltensweisen an den Tag gelegt, lange bevor der Begriff ESG überhaupt...
Der neue Rohstoff-Superzyklus: Grüne Welle für die Emerging Markets
27.06.2022, 11:45 Uhr
Um bis 2050 CO2-neutral zu werden, müssen etwa 56 Bio. USD in Infrastruktur investiert werden. Metalle wie Kupfer, Lithium und Kobalt spielen hier eine zentrale Rolle. Der Klimaschutz befeuert somit die Nachfrage und...