Ist zunehmender Populismus in Europa eine Gefahr für die Anleihenmärkte?

Ivan Morozov, Sovereign Credit Research Analyst, Kenneth Orchard, Portfolio Manager, Global Fixed Income, von T. Rowe Price.
Ivan Morozov, Sovereign Credit Research Analyst, Kenneth Orchard, Portfolio Manager, Global Fixed Income, von T. Rowe Price.

Kenneth Orchard, Portfolio Manager, Global Fixed Income, und Ivan Morozov, Sovereign Credit Research Analyst, bei T. Rowe Price analysieren die Auswirkungen der politischen Stimmung in Europa auf die entsprechenden Anleihenmärkte.

27.02.2017, 14:09 Uhr

Redaktion: jog

Inwieweit wachsende populistische Kräfte die etablierte Ordnung in Europa mit aufkeimenden Markt-Störungen bedrohen können, wird dieses Jahr durch mehrere Ereignisse auf die Probe gestellt. Gleichzeitig werden Verhandlungen über die Bedingungen des Austritts von Grossbritannien aus der EU genau beobachtet werden, um die möglichen Konsequenzen von populistischen Wahlsiegen in anderen Ländern einschätzen zu können.

Zwar wird die ultrarechte Anti-Immigration Partei für Freiheit (PVV) in den niederländischen Wahlen im März vermutlich keinen Sieg erringen. Zunehmende Euroskepsis wird die Niederlanden aber zu einem härteren Verhandlungspartner hinsichtlich allgemeiner Themen der Europäischen Union (EU) machen alle zukünftigen Bemühungen um bessere Integration werden sie vermutlich untergraben. Ein grösseres Risiko stellt ein potenzieller Sieg der Präsidentschaftskandidatin des Front National, Marine Le Pen, in den französischen Wahlen dar. Dies würde als eine erhebliche Gefahr für die EU angesehen. Bei T. Rowe Price erwartet man, dass sich die Spreads französischer Staatsanleihen ausweiten werden, je näher die Wahlen kommen insbesondere dann, wenn Le Pen in den Meinungsumfragen gut abschneiden wird. Sollte sie gewinnen, erwartet T. Rowe Price eine deutliche Ausweitung von nichtdeutschen Kern- und Peripheriespreads.

Obwohl die Experten des Asset Managers davon ausgehen, dass Kanzlerin Angela Merkel die deutschen Wahlen im September gewinnt, wird diese Wahlkampagne vermutlich ihre schwierigste sein. Dagegen hat die Rechte-Flügel-Partei Alternative für Deutschland (AfD) in den Meinungsumfragen aufgrund ihrer Anti-Immigrations-Politik Auftrieb erhalten. Ihre Unterstützung beträgt derzeit rund 15%, was dazu führen könnte, dass zum ersten Mal seit 1945 rechtsextreme Mitglieder im deutschen Parlament sitzen würden. Ein starkes Auftreten der AfD wird es für Merkel schwieriger machen, eine Koalition zu bilden. Dies könnte zu einer verlängerten Verhandlungsphase führen. Als wichtigste risikolose Anlage der Eurozone werden Bunds vermutlich von steigenden politischen Spannungen profitieren mit sich ausweitenden Spreads in der Peripherie.

Italien: Sieg von M5S unwahrscheinlich
Eine Wahl könnte auch in Italien stattfinden, wo die populistische, Anti-Euro-Fünfsternebewegung (M5S) in Umfragen um die 30% abschneidet Kopf-an-Kopf mit der regierenden Demokratischen Partei (PD). Während es möglich ist, dass die M5S die stärkste Partei in der italienischen Regierung wird, ist es unwahrscheinlich, dass sie genügend Stimmen gewinnen wird, um einen klaren Sieg davonzutragen. Zudem fehlen ihr offensichtliche Koalitionspartner, so dass eine Koalitionsregierung von PD und Forza Italia wahrscheinlicher ist. Bei T. Rowe Price glaubt man, dass sich die Spreads zwischen italienischen Staatsanleihen und spanischen und französischen Staatsanleihen verengen könnten. Dies bietet eine Möglichkeit, ein leichtes Übergewicht in Italien zu Lasten von Spanien und Frankreich einzugehen.

Der Streit der spanischen Regierung mit Katalonien scheint erneut aufzuflammen, mit einem möglichen Referendum für eine katalonische Unabhängigkeit im September. Obwohl es keinen rechtlichen Mechanismus für Kataloniens Unabhängigkeit gibt, könnten wachsende Spannungen zwischen der Region und Madrid für Instabilität in Spanien sorgen. Dadurch würden die Renditen spanischer Anleihen vermutlich steigen. Eine zweite Überprüfung des griechischen Bail-Out-Programms sollte Ende des ersten Quartals abgeschlossen sein. Falls nicht, würde die Möglichkeit eines Defaults von griechischen Rückzahlungen an seine Gläubiger wahrscheinlich. Dies könnte Griechenlands Platz in der Eurozone gefährden und eine Wiederholung der Volatilität vom Sommer 2015 hervorrufen. Zum Schluss hat Prime Ministerin Theresa Mays Kommentar, dass "kein Deal" zwischen der EU und Grossbritannien besser wäre als ein "schlechter Deal", die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit erhöht. UK Gilts und Sterling sollten in absehbarer Zukunft mit Vorsicht behandelt werden.

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