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Griechenlands Finanzmarkt-Comeback

Gute Aussichten für Griechenlands Staatsanleihe. Bild: lunad (pixelio).
Gute Aussichten für Griechenlands Staatsanleihe. Bild: lunad (pixelio).

Griechenland startet eine Auktion für eine fünfjährige Staatsanleihe. Dank Änderungen in Europas politischer Landschaft und den jüngsten starken Wirtschaftsdaten dürfte sich die Anleihe gut entwickeln, so Nicholas Wall, Portfoliomanager bei Old Mutual Global Investors.

27.07.2017, 09:11 Uhr

Redaktion: jod

Die Wahl, ob man in Griechenland oder auch in andere europäische «Problemländer» investiert, hängt schlussendlich von der europäischen Politik ab. Man kann darüber diskutieren, inwiefern der Markt Anfang Jahr zu hohe Risikoaufschläge aufgrund der europäischen Politik eingepreist hat.

Aktuell scheint die Solidarität in Europas höher als zu jedem Zeitpunkt seit der Brexit-Entscheidung (tatsächlich hat der Entscheid die europäische Politik zu einem gewissen Grad wieder näher zueinander gebracht). Deutlich geholfen hat hier das gute Wachstumsumfeld in den meisten europäischen Ländern. Politischer Unmut scheint mit fallender Arbeitslosenquote und Lohnerhöhungen zu erblassen.

Emmanuel Macron hat die Wahl in Frankreich dieses Jahr mit einer unverhohlenen «Pro-Europa» Kampagne gewonnen und so mehr Leben in das Europa-Projekt gehaucht. Gleichzeitig will die deutsche Kanzlerin Angela Merkel so nah vor den Wahlen ein Wiederaufflackern der Griechenland-Krise tunlichst vermeiden. In Griechenland findet sich die SYRIZA-Partei in Umfragen weit hinter der liberal-konservativen Nea Dimokratia. Die Wähler sind nicht mehr von Wut und Protest getrieben. SYRIZA hofft nun vor den Wahlen 2019 auf eine einfache Lösung bei den Schuldenerlass-Diskussionen und einen Aufschwung beim Wirtschaftswachstum. Vorgezogene Neuwahlen sind nicht in ihrem Interesse.

Verbesserter Wachstumsausblick
Es gibt Anzeichen, dass sich der Wachstumsausblick tatsächlich verbessert. Der Tourismus boomt und die Industrieproduktion wächst im Jahresvergleich mit einer Rate von über 5%. Noch ermutigender ist, dass die Arbeitslosenquoten fallen und damit das aggregierte reale Einkommen erhöhen. Als Ergebnis steigt die Zuversicht bei den griechischen Konsumenten: Der Einzelhandelsumsatz hat sich im Jahresvergleich um 4,6% versteigert. Daneben hat sich auch das Ausmass der notwendigen Sparmassnahmen reduziert, was das Wachstum zusätzlich antreibt. Laut Nicholas Wall sieht alles nach einem «Wachstums-Revival» für Griechenland aus.

Die grösste Gefahr läge in einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und Griechenlands europäischen Kreditgebern hinsichtlich der Art des Schuldenerlasses. Das dürfte kein einfacher Weg werden: Deutschland insistiert auf eine Beteiligung des IWF; der IWF besteht auf Schuldenerlass; und die deutsche Regierung will den Schuldenerlass vor den Wahlen im Bundestag diskutieren (was sie müssten).

Ob Griechenland eine Schuldenquote von 100% oder 200% hat, spielt für die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten zwei bis drei Jahren keine Rolle. Was zählt ist, dass die Reformen auf der Angebotsseite weitergetrieben werden, sinnvolle Investments gemacht werden und dass die Fremdkapitalkosten niedrig sind (aktuell liegen Griechenlands Fremdkapitalkosten unter denen von Italien oder Portugal). Nicholas Wall bezweifelt, dass der IWF und Europa Griechenland zu einem «Default» zwingen werden.

Aus folgendem Grund wäre ein weiterer Schuldenschnitt auf griechische Staatsanleihen eine kostspielige Angelegenheit:

  • Griechische Staatsanleihen sind nur ein kleiner Teil von Griechenlands Gesamtschulden. Die meisten Schulden sind in Form von offiziellen Krediten.
  • Trotz des geringen Ansteckungsrisikos, würde ein Schuldenschnitt auf griechische Bonds auch den Risikoaufschlag von diversen anderen schlecht bewerteten europäischen Staatsanleihen verändern. Wenn ein Land einen wirtschaftlichen Abschwung erlebt, bevor irgendeine Form der Fiskalunion beschlossen ist, wäre das auch für Europa nicht gut.
  • Griechenland könnte den Finanzmarktzugang wieder verlieren. Dann müssten Europas Kreditgeber die Wähler für mehr Kapital anfragen oder Griechenland aus der Eurozone werfen.

Es könnte sein, dass Griechenland für das Asset-Purchasing-Programm der EZB zugelassen wären – damit dies passiert müssten sie aber eine Analyse zur Nachhaltigkeit ihrer Schulden bestehen. Frankreich hat vorgeschlagen, dass der Schuldenerlass mit Bedingungen zu Wirtschaftswachstum verknüpft wird – eine Massnahme, die der EZB etwas mehr Zuversicht bei ihrer Analyse geben würde.

Tsipras nicht mehr auf Konfrontationskurs
Die Zeiten, in denen der griechische Premier Alexis Tsipras auf Konfrontationskurs war, sind schon lange vorbei. Anscheinend hat sich Tsipras entschieden, dass die beste Strategie für eine Wiederwahl 2019 das Auslaufenlassen des Bail-Out-Pakets ist. Dafür bräuchte er Wirtschaftswachstum und Zugang zu Märkten und Kooperationen mit europäischen Partnern. Ein erfolgreicher Exit Griechenlands vom Hilfspaket wäre auch für die europäischen Politiker ein Segen, die wegen der Griechenland-Rettung lange unter Beschuss standen. Vor diesen Rahmenbedingungen scheint es im Interesse aller zu sein, wenn der Anleiheverkauf gut verläuft.

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