Europa-Aktien sind Gewinner des ESG-Booms

Europäische Unternehmen haben im Bereich Nachhaltigkeit im globalen Vergleich einen Vorsprung. (Bild: Shutterstock.com)
Europäische Unternehmen haben im Bereich Nachhaltigkeit im globalen Vergleich einen Vorsprung. (Bild: Shutterstock.com)

Wer nachhaltig investieren will, sollte sich dem europäischen Anlageuniversum zuwenden. Europäische Unternehmen haben laut Koen Bosquet von Degroof Petercam AM im globalen Vergleich einen Vorsprung in diesem Berich. Zudem wirkt die stärkere Regulierung des kleinen Kontinents als Treiber.

04.03.2020, 13:21 Uhr

Redaktion: maw

"In fünf Jahren werden alle Investmentprozesse auf die Berücksichtigung von ESG-Kriterien ausgerichtet sein. Die Aspekte Umwelt, Soziales und Unternehmensführung werden dann Teil jeder herkömmlichen Due Diligence im Portfoliomanagement sein", prognostiziert Koen Bosquet, Experte für europäische Aktien bei Degroof Petercam AM (DPAM). Die Dynamik wird einerseits unterstützt vom stark wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstsein breiter Anlegergruppen sowie der zunehmenden Erkenntnis, dass ESG-Ansätze gleichzeitig einen finanziellen Mehrwert bieten. Andererseits wirkt auch die Regulatorik als Treiber. Vor allem institutionelle Anleger sind an gesetzgeberische Vorgaben gebunden, die die weitreichende Berücksichtigung von ESG in Anlage- und Beratungsprozessen fordern, so wie die bevorstehende Überarbeitung der Kapitalmarktrichtlinie MiFID.

Vorteil Europa

Nicht nur das regulatorische Vorpreschen Europas verschafft europäischen Aktien nach Ansicht von Koen Bosquet einen strategischen Vorteil. Bei der Suche nach Aktien aus dem ESG-Universum seien sie auch deshalb erste Wahl, weil sich der europäische Kontinent im internationalen Kontext klar differenziere in der Art und Weise, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. "Zahlreiche Unternehmen aus Europa haben sich zum Beispiel im Bereich der Erneuerbaren Energien oder der Produktion von Komponenten für Elektroautos über die vergangenen fünf Jahre einen technologischen Vorsprung erarbeitet. Sie investieren schon länger in die Entwicklung grüner Technologien. Das hat über Jahre die Profitabilität belastet, zahlt sich jedoch heute aus", sagt der Fondsmanager.

Vorzeigebeispiele seien Schneider Electric aus Frankreich, ein führendes Unternehmen im Bereich der industriellen Energieeffizienz, oder Kingspan, Marktführer aus Irland bei Gebäudeisolierung und Dämmsystemen. Die Früchte ihrer langjährigen Entwicklungsarbeit ernteten ausserdem Umicore (Belgien), Infineon (Deutschland) und Soitec (Frankreich), alle aktiv in der Herstellung von Batterie-Komponenten für E-Fahrzeuge. Erwähnenswert sei auch Neste Oyi aus Finnland, führend bei emissionsreduzierenden Lösungen und Bio-Kraftstoffen.

Bloss nicht verallgemeinern

Europa ist heterogen, das zeigt sich auch beim Blick auf die verschiedenen Volkswirtschaften. In einzelnen Ländern wie Deutschland läuft es wirtschaftlich gewohnt gut, in anderen, wie zum Beispiel Italien, eher schlechter. Das mag spontan dazu verleiten, italienische Aktien zu vernachlässigen. Schliesslich liegt die Vermutung nahe, dass der dortige Aktienmarkt ohnehin nur wenig Qualität bietet. Doch weit gefehlt, meint Koen Bosquet: "Ein Aktienmarkt ist nicht immer das Gleiche wie seine zugrunde liegende Wirtschaft. Gerade solche Länder, die im Moment nicht so gut dastehen, bieten hervorragende Gelegenheiten für aktives Stock-Picking. In diesen Märkten finden sich herausragende Unternehmen, häufig familiengeführt, die Antworten und Lösungen für drängende Probleme entwickeln."

Ein Beispiel aus Italien sei Hera, ein regionaler Versorger mit Spezialisierung auf den Bereich der Kreislaufwirtschaft. Auch im italienischen Finanzdienstleistungssektor liessen sich noch Perlen finden, wie Mediobanca, die wegen ihres Schwerpunktes auf Konsumentenfinanzierung weitgehend unanfällig für Zinsänderungen sei und eine der stabilsten Kapitalstrukturen in ganz Europa aufweise.

Vermeintliche Schwächen als Chancen nutzen lassen sich Koen Bosquet zufolge auch in Frankreich. Der französische Nachbar habe einen der unflexibelsten Arbeitsmärkte der Welt und bringe dementsprechend sehr erfolgreiche Outsourcing-Unternehmen hervor, wie zum Beispiel Teleperformance. Das Unternehmen bietet unter anderem Dienstleistungen im Bereich des Kundenservice, der technischen Unterstützung, der Kundenakquise und des Backoffice. Digitale Plattformlösungen für die Rekrutierung von Mitarbeitern bietet indes der französische Outsourcing-Dienstleister Alten. Das Unternehmen profitiert davon, dass sich immer mehr Branchen, nicht nur in Frankreich, dem disruptiven Megatrend der Digitalisierung stellen müssen.

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