ESG-Themen zunehmend im Fokus von Politik und Regulierungsbehörden
Die Bestrebungen, Portfolios auf die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens auszurichten, nehmen zu. (Bild: Shutterstock.com)
Die ESG-Experten von Invesco zeigen auf, wie Regulierungsbehörden den Fokus immer stärker auf ESG-Themen legen. So hat etwa die EU einen bahnbrechenden Aktionsplan angestossen: die Schaffung eines einheitlichen Klassifikationssystems ("Taxonomie"), um Investitionen nach ihren ökologischen Auswirkungen einzustufen.
23.04.2020, 17:15 Uhr
Redaktion: saj
Überschattet von den alles andere überlagernden Sorgen über die Ausbreitung und Folgen der Coronavirus-Pandemie scheint das zuvor viel diskutierte Thema ESG (Environmental, Social and Governance - Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) vorerst in den Hintergrund gerückt zu sein. Dabei führe diese globale Krise die gesellschaftliche Bedeutung der Unternehmen genauso vor Augen wie die Machtlosigkeit des Menschen gegenüber der Natur, betonen die ESG-Experten von Invesco. Vor diesem Hintergrund verweisen sie auf eine zunehmende Annäherung der regulatorischen Erwartungen an ESG-Themen. In ihrer im April 2020 veröffentlichten Publikation ESG Regulatory News geben sie einen Überblick über die wichtigsten aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich.
Fokus stärker auf ESG-Themen
"Bei der Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten im Regelwerk für den Finanzsektor ist Europa zwar immer noch richtungsweisend. Die globalen Regulierungsbehörden legen den Fokus aber ebenfalls immer stärker auf ESG-Themen", sagt Cathrine De Coninck-Lopez, Global Head of ESG bei Invesco. Dabei verweist sie insbesondere auf die jüngsten Initiativen der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) und der Internationalen Vereinigung der Pensionsfondsaufseher (IOPS). De Coninck-Lopez zufolge konzentrieren sich die regionalen Initiativen vor allem auf vier zentrale Aspekte:
Robuste Führungs- und Aufsichtspraktiken ("Governance") sowie Strategien im Hinblick auf ESG-Risiken;
die ESG-Integration in die Investment- und Risikoprozesse von Finanzinstituten;
die Offenlegung von Klimarisiken, wobei sich die Aufsichtsbehörden im Hinblick auf die Reporting-Vorgaben generell an den Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) orientieren;
Szenarioanalysen zur Bewertung der möglichen Folgen von ESG-Risiken, insbesondere von Klimarisiken.
Klassifikationssystem zur Einstufung von Investitionen
Zwar stelle die ESG-Integration den kleinsten gemeinsamen Nenner dar, doch nähmen die Bestrebungen zu, Portfolios auf die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens auszurichten. Zur Unterstützung dieses Prozesses hat die Europäische Union einen bahnbrechenden Aktionsplan angestossen: die Schaffung eines einheitlichen Klassifikationssystems ("Taxonomie"), um Investitionen nach ihren ökologischen Auswirkungen einzustufen. Anhand dieser Taxonomie, die den Begriff "grün" für europäische Finanzprodukte und die Wirtschaft definiert, sollen Anleger auf Basis wissenschaftlicher Kriterien einschätzen können, inwieweit die Unternehmen, in die sie investieren, die Vorgaben des Pariser Übereinkommens erfüllen.
Anbieter sind verpflichtet anzugeben, inwieweit die von ihnen als nachhaltig vermarkteten Produkte die Kriterien erfüllen. Produkte, die nicht als nachhaltig vermarktet werden, müssen einen Risikohinweis enthalten, wonach das betreffende Produkt die Taxonomie nicht berücksichtigt. "Wichtig ist dabei, dass Unternehmen, die unter die Non-Financial Reporting Directive fallen – das sind die 6'000 grössten Unternehmen in Europa –, angeben müssen, welcher Anteil ihres Umsatzes, ihrer Investitionsausgaben bzw. ihrer sonstigen Betriebsausgaben den Taxonomie-Kriterien entspricht", betont Elizabeth Gillam, Head of EU Government Relations & Public Policy bei Invesco. Im Februar wurde die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) einer umfassenden Überprüfung dahingehend unterzogen, wie das Reporting nichtfinanzieller Informationen verbessert werden kann und ob der Anwendungsbereich der NFRD ausgeweitet werden sollte.
EU-Verordnung über Offenlegungspflichten
Im Zuge der zunehmenden Fokussierung auf das Reporting zu ESG-Themen hat die Europäische Union im Dezember 2019 zudem die neue Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten verabschiedet. Die neue EU-Verordnung wird am 10. März 2021 in Kraft treten. Danach müssen Finanzmarktteilnehmer Informationen zu ihren Strategien zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionsentscheidungsprozessen veröffentlichen. Global hat die IAIS signalisiert, dass Banken- und Finanzaufsichtsbehörden bereits die Einführung von TCFD-konformen Berichtspflichten für Versicherer erwägen.
Wie Gillam erklärt, setzen Aufsichtsbehörden in erster Linie auf Stresstests und Szenarioanalysen, um ESG-Risiken – insbesondere klimabezogene – zu messen und zu bewerten. So hat die Bank of England angekündigt, Klimaszenarien in ihre zweijährlichen Stresstests für britische Banken und Versicherungen aufzunehmen. Angesichts der fortschreitenden Pandemie ist dieses Vorhaben jetzt allerdings erst einmal aufgeschoben worden. Auch die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) hat Nachhaltigkeitskriterien in ihre Stresstests für Versicherer und Altersvorsorgeeinrichtungen aufgenommen. Das NGFS ("Network for Greening the Financial System") wird seinen Bericht zur Szenarioanalyse voraussichtlich im April 2020 veröffentlichen.
Nachhaltige Retail-Produkte gewinnen an Bedeutung
Den Invesco-Experten zufolge werden mittlerweile die verschiedensten Ansätze und Produkte als "ESG" vermarktet, obwohl ganz unterschiedliche Anforderungen gelten, die für Verwirrung unter Anlegern und für übermässige Komplexität auf Seiten der Produktanbieter sorgen. Vor diesem Hintergrund sei die Weiterentwicklung der Standards für nachhaltige Retail-Produkte ein weiterer Ansatz, der europaweit an Bedeutung gewinne. Das schliesse unter anderem die Einführung eines Umweltzeichens für grüne Fonds ein. Ausserdem arbeiteten die nationalen Aufsichtsbehörden, wie etwa die Autorité des Marchés Financiers (AMF) in Frankreich, an Mindeststandards für die Vermarktung von nachhaltigen Fonds. Die ESG-Experten von Invesco sind überzeugt, dass dieses Thema im Zuge der Umsetzung der neuen EU-Vorschriften zur Transparenz bei nachhaltigen Produkten an Bedeutung gewinnen wird. Geplant sei auch eine Anpassung der Vorschriften für Verkauf und Vertrieb, um den ESG-Präferenzen von Kunden Rechnung zu tragen.
"Aufgrund der Coronavirus-Krise könnte es natürlich sein, dass am Zeitplan vieler Massnahmen, die bereits eingeleitet worden sind oder sich noch in der Konsultationsphase befinden, nicht festgehalten werden kann", sagt Gillam. Die ESG- und Public-Policy-Experten von Invesco gehen aber davon aus, dass diese Initiativen nach Überwindung der aktuellen Krise wieder Dynamik aufnehmen würden, da die nationalen und globalen Aufsichtsbehörden und Regulierungsorganisationen ESG-Themen immer mehr im Blick haben und sich die Best-Practice-Ansätze weltweit zunehmend angleichen.
Mehr Risiko für höhere Renditen in den nächsten 30 Jahren
26.02.2021, 05:00 Uhr
Schroders erörtert die 30-Jahres-Renditeprognosen für verschiedene Anlageklassen unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels. Die jüngste Untersuchung unterstreicht laut Expertinnen die Notwendigkeit,...
Schweizer Hypothekargeschäft klar eine Domäne der Banken
25.02.2021, 05:00 Uhr
Der Markt für Immobilienfinanzierungen hat für die Schweizer Banken eine zentrale Bedeutung. Die Experten des IFZ der Hochschule Luzern haben den hiesigen Hypothekarmarkt beleuchtet und kommen zum Schluss, dass die...
Schluss mit drei Mythen über Erträge und ESG-Anlagen
23.02.2021, 10:12 Uhr
Immer mehr Anleger möchten Positives bewirken, während regulatorische Veränderungen zunehmend verlangen, äusserst dynamische ESG-Standards zu erfüllen. Wie also nachhaltige Produkte in das Portfolio integrieren?...
Zentralbanken: Zeit kaufen könnte nach hinten losgehen
22.02.2021, 11:20 Uhr
Die Experten von Invesco rechnen 2021 mit einer zusätzlichen Ausweitung der riesigen Assetkaufprogramme der Notenbanken. Für den diesjährigen Ausblick für Risikoanlagen könne das zwar eine gute Nachricht sein....
UNO-Agenda 2030: Bundesrat sieht Finanzplatz in zentraler Rolle
21.02.2021, 07:00 Uhr
Der Bundesrat hat eine Strategie erarbeitet, wie die Schweiz zur Erreichung der UNO-Agenda 2030 beitragen kann. Dabei hat er dem Finanzplatz eine zentrale Rolle zugeschrieben. Die Bankiervereinigung begrüsst diese...
Im Verhältnis von Kupfer zu Gold spiegelt sich Konjunktureuphorie. Davon sei bei Realrenditen wenig zu spüren. Das liegt nach Meinung der DWS an den Anleihekäufen der Zentralbanken.
60/40-Regel für den Portfolio-Mix: Macht das noch Sinn?
18.02.2021, 15:05 Uhr
Eine Anlagestrategie mit 60% US-Aktien und 40% US-Anleihen galt für amerikanische Anleger seit den 50er Jahren als goldene Regel für den Portfoliomix. Im turbulenten Börsenjahr 2020 konnten US-Anleihen ihrer...
Privatmarktanlagen erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Peter Bezak von der Zurich Invest beleuchtet die verschiedenen Formen von Investitionen im Privatmarktsegment und ist überzeugt, dass sie sich bestens...
Nach einem turbulenten Jahr hoffen die asiatischen Märkte zum chinesischen Neujahr auf eine ruhigere Zeit. Die Anlageexperten von BNY Mellon Investment Management und Ninety One sehen grosses Potenzial bei den Trends...
Zugang zu Wasser: Grosse Investitionen sind unerlässlich
15.02.2021, 17:44 Uhr
Die globale Erwärmung verursacht zunehmenden Wasserstress. Die UNO prognostiziert, dass bis 2030 mindestens jeder vierte Mensch unter wiederkehrender Wasserknappheit leiden wird. Um die sozialen Folgen zu lindern,...