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Erholung ohne Gewinne bei Aktien?

Ad van Tiggelen, Senior Investment Specialist, Investment Content Management bei ING Investment Management, Den Haag
Ad van Tiggelen, Senior Investment Specialist, Investment Content Management bei ING Investment Management, Den Haag

An den globalen Aktienmärkten konnten die Anleger in diesem Jahr durchaus Gewinne einfahren: Bis September wurde ein Anstieg um 14% verzeichnet. Da die Zentralbanken alle Hindernisse aus dem Weg räumten, verlief die Entwicklung ausserdem ungewöhnlich reibungslos. Wenn man nur auf die geringe Volatilität schaut, könnte man meinen, alles sei in Ordnung. Aber die Unternehmensgewinne holen einen auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie legen dieses Jahr lediglich um 3 – 4% zu, und auch 2013 ist nicht mit wesentlich höheren Wachstumsraten zu rechnen. Ad van Tiggelen von ING Investment Management fragt sich: Was bedeutet dies für die Anleger?

12.10.2012, 15:57 Uhr

Redaktion: sek


Der Anstieg der Unternehmensgewinne flacht sich in diesem Jahr allmählich ab, und dieser Trend dürfte von den Gewinndaten für das laufende (dritte) Quartal bestätigt werden. In Europa sinken die Gewinne sogar leicht, was vor allem auf die Entwicklung in Spanien, Grossbritannien, Frankreich und Finnland (Stichwort Nokia) zurückzuführen ist. In den USA wird für dieses Jahr noch mit einem moderaten Gewinnzuwachs gerechnet, der von der anhaltenden Erholung im Finanzsektor und dem überdurchschnittlichen Abschneiden einiger grosser Technologieunternehmen (vor allem Apple) getragen werden sollte.

Nur wenige Anleger glauben an hohen Gewinnanstieg
Für 2013 prognostizieren die Analysten wieder einen Gewinnanstieg um über 10%. Aber nur wenige Anleger glauben daran. Und da haben sie ganz Recht, zumal die Finanzanalysten in der Vergangenheit in acht von zehn Jahren zu optimistisch waren. Da die Gewinnmargen bereits nahe ihren Allzeithöchstständen liegen und das Wachstum der Weltwirtschaft 2013 ganz ähnlich ausfallen dürfte wie im laufenden Jahr, ist wohl eher wieder mit einem niedrigen einstelligen Anstieg der Gewinne zu rechnen.

In diesem Umfeld stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Aktienmärkte ihre Erholung ohne Gewinne fortsetzen können, die zumindest in Europa im bisherigen Jahresverlauf 2012 zu verzeichnen war. Nach Meinung von ING können sich die Aktienkurse durchaus noch verteuern (bzw. weniger günstig werden). Diese Auffassung stützt sich auf folgende Erwägungen:

- Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Aktien (14 in den USA, 12 im Rest der Welt) ist im historischen Vergleich durchschnittlich, aber immer noch attraktiv, wenn man es mit den ausserordentlich niedrigen Renditen am Rentenmarkt vergleicht.
- Die Unternehmensbilanzen sind insgesamt sehr solide und bieten Spielraum, preiswert zusätzliche Fremdmittel zur Finanzierung von Fusionen und Übernahmen bzw. Aktienrückkäufen aufzunehmen.
- Die Zentralbanken scheinen ihren Einfluss zunehmend in einer Weise geltend machen zu wollen, die dafür sorgt, dass das Risiko von systemischen Turbulenzen oder tiefen Rezessionen relativ begrenzt bleibt. Dadurch könnte die Volatilität der Aktienkurse auf längere Zeit hinaus recht niedrig bleiben.

Signale an Aktienmärkten weiterhin auf grün
Dies heisst jedoch nicht, dass die Aktienkurse, die 2009 in den Keller gefallen waren, längerfristig rascher ansteigen können als die Gewinne. Die niedrigen Anleiherenditen, die derzeit die Aktienkurse stützen, werden wieder ansteigen, wenn sich die Konjunktur belebt und/oder wenn die Inflation eindeutig die Talsohle erreicht hat. Anhaltend niedrige Renditen dürften dagegen ein wirtschaftliches Umfeld widerspiegeln, das nicht günstig für das Gewinnwachstum ist. Man kann nicht gleichzeitig auf mehrere Jahre hinaus niedrige Anleiherenditen und ein kräftiges Gewinnwachstum haben. Die meisten Signale an den Aktienmärkten stehen jedoch weiterhin auf grün. In einer Welt, in der der IWF höhere Inflationsraten in den starken Volkswirtschaften wünscht und die Zentralbanken gleichzeitig die Zinsen nahe Null halten wollen, verdienen solide finanzierte Unternehmen gute Aktienkurse – auch, wenn das Gewinnwachstum begrenzt ist.

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