Erfreuliche Trends bei den Anlageinvestitionen

Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT
Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT

In den USA haben die Anlageinvestitionen zum historischen Wachstumspfad zurückgefunden, in Japan findet derzeit eine bemerkenswerte Wende statt, und selbst in der Eurozone ist endlich eine Stabilisierung erkennbar, erklärt Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT in seinem aktuellen Marktkommentar.

01.10.2014, 11:42 Uhr

Redaktion: dab

Nächste Woche beginnt in den USA die Berichtssaison für das dritte Quartal 2014. Die Befürchtung, dass die ständig steigenden Gewinnschätzungen inzwischen zu hoch sein könnten, hält einer näheren Untersuchung nicht stand. Bei Quartalsprognosen können natürlich grössere Schwankungen auftreten. Der mittelfristige Blick spricht jedoch ein klares Bild: Wenn wir die heute erwarteten jährlichen Wachstumsraten mit jenen vor einem Jahr vergleichen, so sehen wir, dass sich der Analystenkonsens in der Zwischenzeit letzlich kaum vom Fleck bewegt hat.

Mittelfristig weiterhin konservative Konsensschätzungen
Die im PDF auf Seite 4 gezeigten erwarteten jährlichen Gewinnwachstumsraten für die USA, Eurozone und Japan sind heute nur 0.5, 0.1 bzw. 0.7 Prozentpunkte höher als vor einem Jahr. Die vergleichsweise starke Erhöhung für Japan ist im Kontext betrachtet sehr moderat, weil der Konsens das im vergangenen Jahr tatsächlich ausgewiesene Gewinnwachstum nämlich um knapp 25 Prozentpunkte unterschätzt hatte. Die praktisch unveränderte Erwartung für den Euroraum hat wiederum damit zu tun, dass die Realität bisher enttäuschend ausfiel. So wurde das per September 2013 für Deutschland erwartete Wachstum von 13.5% um 14 Prozentpunkte verfehlt - der tatsächliche Gewinn je Aktie notiert heute also stattdessen 0.5% tiefer als vor einem Jahr.

Erwartungen gegenüber Schwellenländern weniger übertrieben
Die Emerging Markets (EM) haben im Jahresrückblick ebenfalls erneut enttäuscht. Vor diesem Hintergrund sind die Erwartungen in diesem Segment vielleicht etwas zu stark gestiegen. Am stärksten sind die Erwartungen für China gestiegen: So beträgt das aktuell erwartete Gewinnwachstum für China 10.2% pro Jahr und ist damit 1.5 Prozentpunkte höher als vor einem Jahr. Das tatsächliche Wachstum war aber 3 Prozentpunkte tiefer als erwartet. Ähnliches gilt für Russland. Doch immerhin wirken die Schätzungen für die EM nicht mehr so extrem hoch wie noch vor einigen Jahren. Solange der Euroraum und die Schwellenländer also nicht zu stark enttäuschen, dürfte die Berichtssaison auf globaler Ebene daher durchaus die Erwartungen übertreffen können.

Erfreuliche Normalisierung der Anlageinvestitionen
Wichtiger ist natürlich immer der Ausblick. Die Prognosen der Analysten (und Unternehmen) sollten wir aber nicht ganz zum Nennwert zur Kenntnis nehmen, weil sie im Falle der Industrieländer seit vielen Jahren zu tief und im Falle der EM zu hoch sind. Gute Hinweise auf die zukünftige Entwicklung könnten hingegen die aggregierten Anlageinvestitionen in den verschiedenen Volkswirtschaften bieten. Letztere stellen letztlich die Basis für zukünftiges produktives Wachstum dar.

Wachstum in USA und Japan - Hoffnung im Euroraum
In den USA, für welche uns sehr lange zurückreichende Datenreihen zur Verfügung stehen, wächst die Investitionstätigkeit seit März 2009 stetig, robust und vom Tempo her im Rahmen der langfristigen historischen Norm von ca. 6% pro Jahr - und damit auch höher als in den letzten zwei Jahrzehnten. Vor etwa einem Jahr wurde zudem der Höchststand vor der Finanzkrise von 2008 erreicht. In Japan ist die Wende jüngeren Datums, dafür aber deutlicher: Die Investitionen wachsen seit Ende 2013 um 3.4% pro Jahr bzw. um 1.9% seit Q1/2009, im Vergleich zu einem jährlichen Rückgang von 0.7% seit 1994. Nur in der Eurozone ist das Wachstum noch leicht negativ. Doch das muss nicht so bleiben. Denn wie die Grafiken auf Seite 2 im PDF zeigen, lauft die Investitionstätigkeit in allen Regionen den Börsen (logischerweise) tendenziell hinterher. Auf Ebene der gesamten Europäischen Union gibt es ausserdem bereits ein moderates Wachstum. Wir dürfen also hoffen, dass der europäische Raum nicht die grosse Ausnahme in diesem für das zukünftige Wachstum sehr wichtigen Bereich darstellen wird.

Börsen als Signalgeber der Realwirtschaft
In den USA wachsen die Anlageinvestitionen ("Capex") seit März 2009 stetig (siehe PDF, Seite 2), auch wenn das Tempo der Erholung angesichts des tiefen Einbruchs nach 2008 durchaus zu wünschen übrig lässt. Wichtig ist aber, dass die Aktienkurse grundsätzlich einen gewissen Vorlauf haben: Sie nehmen zukünftige realwirtschaftliche Entwicklungen tendenziell vorweg. Eindrücklich ist auch die lange Talfahrt in Japan und die vergleichsweise deutliche Wende seit 2009, auch wenn die Erholung im März 2011 von den Folgekatastrophen des Tôhoku-Erdbebens unterbrochen wurde. Im Euroraum nehmen bisher nur die Börsen eine Wende zum Besseren vorweg - werden die Märkte aber nur im Falle Europas "Unrecht" bekommen, oder steht auch hier eine Erholung an? Die Antwort auf diese Frage dürfte letztlich stark vom Erfolg bzw. Misserfolg der geldpolitischen Massnahmen der Europäischen Zentralbank abhängen.


Lesen Sie hier den vollständigen Marktkommentar von Mikio Kumada.

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