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Dunkle Wolken am Horizont

Bild: Unsplash
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Die Meinung der US-Notenbank bezüglich dem aktuellen Leitzins impliziere pessimistische Wachstumserwartungen, meint Joseph Amato von Neuberger Berman. Auch der Ausverkauf am Kreditmarkt lasse einen Abschwung vermuten.

10.12.2018, 11:33 Uhr
Notenbanken

Redaktion: ase

"Im Oktober hat der Ausverkauf an den Aktienmärkten für Schlagzeilen gesorgt. Die Anleger sollten darüber aber nicht vergessen, dass die wirklich grossen Veränderungen an den Anleihemärkten stattgefunden haben", erklärt Joseph V. Amato, Vorsitzender und Chief Investment Officer Equities bei Neuberger Berman. Oft gehe eine Wende am Anleihemarkt einer Aktienmarktwende voraus, da die Diskontfaktoren mithilfe der risikolosen Staatsanleihezinsen berechnet würden und es letztlich die Kreditvergabe sei, welche die Privatwirtschaft am Laufen halte. "Erstmals in diesem Jahr kamen die Kreditmärkte wirklich unter Druck. Denn letzte Woche liess Fed-Chairman Jerome Powell eine echte Bombe platzen, als er sich zur Zinspolitik äusserte", so Amato.

Überraschende 180-Grad-Wende des Fed-Chairmans
Noch am 3. Oktober hatte Powell erklärt, dass die US-Zinsen "weit entfernt von neutral" seien. Bis zu einem Niveau, auf dem sie die Inflation weder anheizen noch dämpfen würden, sei es noch weit. Letztlich habe laut Amato genau diese Aussage den Aktienmarktausverkauf im Oktober ausgelöst. Am Mittwoch dann beschrieb Powell die Leitzinsen zur Überraschung vieler Marktteilnehmer als "knapp neutral". Das Ausmass dieser 180-Grad-Wende zeigte sich in der anschliessenden Kursentwicklung: Der S&P 500 Index stieg an nur einem Tag um 2,3%, und an den Anleihemärkten schien man nur noch 1,5 Zinsschritten für 2019 auszugehen, während die Fed stets drei in Aussicht gestellt hatte. US-Staatsanleihen waren gefragt, der US-Dollar-Index verlor 0,55% und Emerging-Market-Titel erhielten massiven Auftrieb.

"Zinserhöhungszyklen sind für die Märkte oft nicht einfach", urteilt der CIO. Eine mögliche Zinspause oder ein Ende des Zinszyklus könne daher etwas Gutes sein. Und doch scheine es intutitiv wenig plausibel, dass risikobehaftete Titel auf diese Nachricht so positiv reagierten. Schliesslich betonte Powell, dass die Fed die Wirtschafts- und Finanzdaten "sehr genau beobachten" werde. Offensichtlich fürchte er ein schwächeres Wachstum sowie eine niedrigere Inflation und sorge sich um die Stabilität der Märkte, so Amatos Einschätzung. Wenn die Renditen auch ohne Leitzinserhöhungen weitgehend neutral seien, impliziere dies pessimistischere Wachstumserwartungen, eine höhere Wahrscheinlichkeit von Marktschocks oder sogar beides.

Schlechtes Abschneiden der High-Yield-Papiere
Die Kreditmärkte könnten laut Amato ähnliche Befürchtungen aufkommen lassen. "Im November war die Stimmung an den Unternehmensanleihemärkten schlecht", so der CIO. Die Spreads für Hochzinsindizes seien nun etwa 60 Basispunkte breiter als zu Jahresbeginn, wobei 75% dieser Spreads auf den November fielen. Momentan würden sie gegenüber US-Staatsanleihen bei etwa 400 Basispunkten liegen. Im Euroraum sei der Ausverkauf von High Yield ähnlich stark gewesen.

Am schlechtesten schnitten gemäss Amato die risikoreichsten High-Yield-Papiere ab, also Titel mit CCC-Rating. Zyklische Sektoren wie Energie und Wohnungsbau sowie exportorientierte Branchen wie Automobile verzeichneten die höchsten Verluste. Im Investmentgrade-Bereich wurde das Rating von General Electric Ende Oktober auf BBB+ herabgestuft, doch im November seien die Papiere eher als BB-Anleihen wahrgenommen worden. "Dies weckte Zweifel an anderen grossen BBB-Emittenten mit nachlassender Kreditqualität. Man fragte sich, ob der High-Yield-Markt noch mehr gefallene Engel aufnehmen kann", erläutert Amato.

Perspektivenwechsel ergibt optimistischeres Bild
"Die Entwicklung der Anleihemärkte sollte aber auch aus einer anderen Perspektive betrachtet werden", rät Amato. "Vielleicht sieht die Fed dunkle Wolken, die für andere unsichtbar sind." Wahrscheinlicher sei aber, dass die Notenbank jetzt jenen Abschwung registriert, der den Märkten schon seit einiger Zeit bewusst war. Das verringere das Risiko, dass sie die Zinsen im nächsten Jahr zu stark anhebt. Was gemäss Amato für Aktien voraussichtlich gut wäre.

Der Aktienmarktausverkauf im Oktober dieses Jahres sei eher eine spätzyklische Korrektur als ein Ende des Zyklus gewesen. "Heute scheint es einen ähnlichen Ausverkauf am Kreditmarkt zu geben", meint der CIO. Sicherlich wecke der Rückzieher der Fed in der letzten Woche gewisse Glaubwürdigkeitszweifel. "Unabhängig davon, wenn weiterhin Kredite vergeben werden, sich die Zinsen stabilisieren, und die Unsicherheit im Aussenhandel nachlässt, sieht es für die Aktienmärkte etwas weniger beängstigend aus als vor einem Monat", zeichnet Amato ein eher optimistisches Bild. Die Powell-Rallye risikobehafteter Wertpapiere sei vielleicht doch gar nicht so unplausibel.

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