"Die penetrante Fixierung auf die 2% ist eher hinderlich denn hilfreich"
Thomas Heller, Leiter Research und CIO bei der Schwyzer Kantonalbank, kann die neue geldpolitische Ausrichtung der US-Notenbank nur bedingt nachvollziehen.
Die US-Notenbank strebt über die Zeit eine durchschnittliche Inflation von 2% an. Bei Thomas Heller von der Schwyzer Kantonalbank wirft dieses geldpolitische Ziel Fragen auf. Er plädiert für eine alternative Lösung.
04.09.2020, 12:14 Uhr
Redaktion: alm
Die US-Notenbank (Fed) strebe weiterhin eine Teuerung von 2% an, sagte ihr Chef Jerome Powell letzte Woche zur neuen geldpolitischen Ausrichtung. Schon dieses Ziel wirft bei Thomas Heller, Leiter Research und CIO bei der Schwyzer Kantonalbank, Fragen auf: "Warum 2% und nicht 0%, 1% oder 3%? Was ist gut daran, wenn sich die Kaufkraft des Geldes innerhalb einer Generation halbiert?" Das Aussergewöhnliche an der Strategie der Fed: Das Inflationsziel soll nicht mehr jedes Jahr, sondern im Durchschnitt über die Zeit erreicht werden. Unterschreitet die Inflation in einer Phase die 2%-Marke, toleriert die Fed künftig ein Überschiessen.
Powell betonte, die "hartnäckige Unterschreitung" der Inflationsrate gegenüber dem längerfristigen 2%-Ziel sei ein Anlass zur Sorge, da eine anhaltend zu niedrige Inflation grosse Risiken für die Wirtschaft berge. Die Schlussfolgerung der Fed: Eine (zu) tiefe Inflation muss durch eine (zu) hohe kompensiert werden. Warum es gut sein soll, einen "Fehler" in der Vergangenheit mit einem "Fehler" in der Zukunft zu beheben, kann Heller nicht nachvollziehen: "Wenn man mit den Füssen in einem Eiskübel steht und dann auf eine heisse Herdplatte steigt, so hat man nicht angenehm warme Füsse." Zudem vermisst er eine Erklärung der amerikanischen Währungshüter, weshalb der Fed mit der neuen Strategie gelingen soll, was ihr in der Vergangenheit oft verwehrt blieb: Die Überwindung der in ihren Augen hartnäckig zu tiefen Inflation.
Stabiler Teuerungsverlauf
In den letzten 25 Jahren lag die monatliche Jahresteuerung, gemessen an den von der Fed bevorzugten privaten Konsumausgaben, im Schnitt bei 1,7%. Seit die Notenbank 2012 das 2%-Ziel explizit formuliert hat, lag der Durchschnitt bei 1,63%, die letzten drei Jahre bei 1,72%. "Klar, 1,7% sind nicht 2%, aber man kann angesichts dieser Zahlen nicht ernsthaft behaupten, dass die Inflation nachhaltig zu tief war", kommentiert Heller. Auch der von Powell angeführte Zusammenhang zwischen sinkenden Inflationserwartungen und tatsächlicher Inflation lasse sich nur bedingt nachvollziehen. Die im Markt abgebildeten Inflationserwartungen seien zwar tief und zum Teil tatsächlich gesunken, dennoch sei der Teuerungsverlauf über die Jahre erstaunlich stabil gewesen. Ausreisser nach unten habe es in rezessiven Phasen wie in der Finanz- oder der aktuellen Corona-Krise gegeben.
"Die penetrante Fixierung auf die 2%, egal ob im Schnitt oder als absolutes Ziel, ist eher hinderlich denn hilfreich. Die Definition einer Bandbreite – wie es etwa die SNB tut – würde den Druck der im Grunde unmöglichen Feinsteuerung der Inflation reduzieren und eine gewisse Entspannung bringen", ist sich Heller sicher. Die Fed hat sich anders entschieden. Nun darf es künftig auch ein bisschen mehr sein.
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