Der neue Rohstoff-Superzyklus: Grüne Welle für die Emerging Markets

In einer Drei-Megawatt-Windturbine werden fast fünf Tonnen Kupfer verbaut und auch in Stromnetzen ist Kupfer ein unerlässlicher Werkstoff. (Bild: Shutterstock.com/Denis Zhitnik)
In einer Drei-Megawatt-Windturbine werden fast fünf Tonnen Kupfer verbaut und auch in Stromnetzen ist Kupfer ein unerlässlicher Werkstoff. (Bild: Shutterstock.com/Denis Zhitnik)

Um bis 2050 CO2-neutral zu werden, müssen etwa 56 Bio. USD in Infrastruktur investiert werden. Metalle wie Kupfer, Lithium und Kobalt spielen hier eine zentrale Rolle. Der Klimaschutz befeuert somit die Nachfrage und stärkt die Wirtschaft der exportierenden Schwellenländer, meint James Johnstone von Redwheel.

27.06.2022, 11:45 Uhr
Nachhaltigkeit | Alternatives

Redaktion: rem

Die weltweiten Bemühungen, die Klimakrise zu bewältigen, werden ein massives Elektrifizierungs- und Dekarbonisierungsprogramm erfordern. Sie dürften in den kommenden Jahrzehnten eine ganz erhebliche Rohstoffnachfrage hervorrufen. "Es ist daher wahrscheinlich, dass damit die Voraussetzungen für den Beginn des nächsten 'Rohstoff-Superzyklus' gegeben sind", sagt James Johnstone, Co-Head Emerging and Frontier Markets bei Redwheel. Er geht der Frage nach, wer die Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung sind.

Um einen Superzyklus auszulösen, der die Preise bestimmter Rohstoffe über viele Jahre, teilweise für mehr als ein Jahrzehnt steigen lässt, sei das Zusammentreffen mehrerer Faktoren nötig, erläutert er. Die Ereignisse folgten in der Regel auf eine längere Periode schleppender Nachfrage und mehrere Jahre mit geringen Investitionsausgaben in der Bergbauindustrie. Und da der Betrieb von Minen eine notorisch zyklische Branche und sehr kapitalintensiv sei, dauere es, bis neue Kapazitäten aufgebaut seien. Das heisse, dass die Preise bei einem unerwarteten Anstieg der Nachfrage über mehrere Jahre hinweg hoch bleiben können, bevor zusätzliches Angebot in die Produktion gelange. Im Umkehrschluss könnten Minenbetreiber bei einem Nachfragerückgang gezwungen sein, Investitionsvorhaben bis weit in den nächsten Zyklus hinein aufzuschieben.

Der letzte Superzyklus etwa wurde laut Johnstone zu Beginn des Jahrtausends durch den Infrastrukturboom in China ausgelöst: Nach fast zwanzig Jahren stagnierender Rohstoffpreise und geringen Investitionen stieg die Nachfrage nach Öl, Kupfer, Eisenerz und Stahl enorm. Der resultierende Preisruck bei diesen Rohstoffen sei für die Exporteure von Vorteil gewesen, barg aber auch grosse Herausforderungen für Verbraucher in anderen Teilen der Welt.

"Während zwischen der Geschichte und den Märkten heute einige Parallelen zu erkennen sind, ist jedoch zu berücksichtigen, dass jeder Zyklus seine ganz eigenen Merkmale und Triebkräfte hat. Es ist zu erwarten, dass der aktuelle Zyklus von der sogenannten grünen Welle angetrieben wird", meint Johnstone.

Die grüne Welle

Wie etwa die Klimakonferenz COP-26 in Glasgow und andere wichtige globalen Initiativen in den letzten Jahren gezeigt haben, wede der Wunsch, etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen, weltweit von einer ausserordentlichen Dynamik getragen. Die Gesellschaft müsse die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen rasch verringern und sich von einer übermässig konzentrierten Energieversorgung lösen, bevor es zu spät sei. Dies bedeute, dass mehr Energie aus erneuerbaren Quellen wie Windkraft, Solarenergie und Wasserstoff erzeugt werden müsse und Elektrofahrzeuge Verbrennungsmotoren schrittweise ersetzen sollten.

"Um bis zum Jahr 2050 CO2-neutral zu werden, müssen schätzungsweise etwa 56 Bio. USD in entsprechende Infrastrukturprojekte investiert werden. Gerade Metalle wie Kupfer, Lithium und Kobalt sind für die Dekarbonisierung von entscheidender Bedeutung. Bemerkenswert ist, dass die meisten Rohstoffe, die den nächsten Superzyklus antreiben, in den Schwellenländern der nächsten Generation gefördert werden", betont der Co-Head Emerging and Frontier Markets, Redwheel.

Kupfer und Lithium

Wie er weiter ausführt, ist Kupfer zu dem grünen Metall geworden, auf das Anleger ihren Fokus legen sollten: In einer Drei-Megawatt-Windturbine werden fast fünf Tonnen Kupfer verbaut und auch in Stromnetzen ist Kupfer ein unerlässlicher Werkstoff. Mehr als ein Drittel der weltweiten Kupferreserven lagern in zwei südamerikanischen Schwellenländern der nächsten Generation, in Chile und Peru. In Afrika werden die Demokratische Republik Kongo und Sambia zu immer wichtigeren Kupferlieferanten. First Quantum Minerals etwa betreibt laut Johnstone in Sambia eine der grössten Kupferminen der Welt. Das Unternehmen sei gut positioniert, um von einer Aufwertung des Kupferpreises in den nächsten zehn Jahren zu profitieren: "Die Nachfrage wächst stetig, und das Angebot ist beschränkt", stellt er fest.

Die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen sei ein klarer Nachfragetreiber auch für verschiedene andere Metalle, wie etwa Lithium. Die Lithiumnachfrage dürfte in den nächsten Jahren um 20% bis 25% pro Jahr steigen und es sei davon auszugehen, dass die Lithiumpreise von dieser starken Nachfrage – in Verbindung mit der typischen Verzögerung von fünf bis sieben Jahren bei der Inbetriebnahme neuer Minen – profitieren werden. Zwei der grössten Lithiumproduzenten der Welt sind Chile und Argentinien. "SQM etwa betreibt in Chile eine der grössten Lithiumminen der Welt und ist gut positioniert, um von diesem Preisumfeld zu profitieren. Das Unternehmen dürfte im kommenden Jahr ein robustes Produktionswachstum verzeichnen und seine Projekte sind kostengünstiger als die vieler seiner Konkurrenten", sagt Johnstone.

Aussichten für Lithium: Die Nachfrage enteilt dem Angebot

Quelle: Redwheel und Bloomberg, Stand vom 31.12.2021.
Quelle: Redwheel und Bloomberg, Stand vom 31.12.2021.

Gewinner und Verlierer

"In jedem Rohstoff-Superzyklus gibt es Gewinner und Verlierer. Einzelne Unternehmen – wie First Quantum und SQM – können von der grünen Welle profitieren, die bereits Fahrt aufnimmt. Netto-Rohstoffexportländer können überdies von einer verbesserten Haushaltslage, höheren Staatsausgaben, einer Zunahme von internen Infrastrukturinvestitionen und neuen Arbeitsplätzen profitieren", fährt er fort. Gleichzeitig setze eine steigende Inflation die Verbraucher in anderen Teilen der Welt, welche wichtige Rohstoffe importieren, unter Druck. Die entsprechenden Auswirkungen seien bereits spürbar. Der Einmarsch Russlands in der Ukraine habe bereits bestehende Angebotsdefizite noch verstärkt.

Daher sind nach Meinung Johnstones Länder zu meiden, die einer herausfordernden, mit höheren Rohstoffpreisen und steigender Inflation einhergehenden Konsumdynamik ausgesetzt sind. Es lohne sich hier, sich vorerst auf die Nettoexporteure dieser Rohstoffe zu konzentrieren, bei denen das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf ein positives künftiges Marktumfeld schliessen lässt.

Durch den ständigem Kontakt mit den Bergbauunternehmen sei zu erfahren, dass diese die Bedeutung eines verantwortungsvollen Bergbaus bekräftigen – in Bezug auf die Sicherheit der Arbeiter, die Umwelt, in der sie arbeiten und die Unternehmensführung. Erfolgreiches ESG-Management Faktoren ermöglichten es den Unternehmen, potenziell kostspielige beziehungsweise nachteilige Ereignisse zu vermeiden, die auch ihre finanzielle Stabilität beeinträchtigen würden.

Ein Blick in die Zukunft

"Obwohl der nächste Rohstoff-Superzyklus viele Merkmale der vorangegangenen Zyklen aufweisen dürfte, ist zu erwarten, dass diesmal eine Reihe besonderer Rohstoffe im Zentrum steht: Kupfer, Lithium, Kobalt und andere Metalle, die für die Dekarbonisierung unerlässlich sind, werden am stärksten profitieren – und diese Rohstoffe werden hauptsächlich in den Schwellenländern der nächsten Generation in Südamerika, Afrika und Asien gefördert, so der Emerging- und Frontier-Markets-Experte. Daher seien Rohstoffe auch eines von drei Hauptthemen im Zentrum des Redwheel Next Generation Emerging Markets Fonds. "Eine Strategie, die sich auszahlt: Trotz erhöhter Marktvolatilität erzielte der Fond in den drei Jahren seit seiner Auflegung eine Top-Quartil-Performance und eine Rendite von 77% – der Index dagegen nur 6%", sagt Johnstone.

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