„Chinas neue Wirtschaftspolitik schafft langfristig gute Perspektiven“

Anlegern bieten sich durch Chinas wirtschaftspolitischen Wandel hin zu mehr Binnenkonsum gute Einstiegsmöglichkeiten bei Handelsunternehmen. Konsequenzen hat das neue Wirtschaftsmodell der chinesischen Regierung aber auch für Chinas internationale Handelspartner. Diese Ansicht vertritt Jian Shi Cortesi, Co-Fondsmanagerin des JB Chindonesia Fund bei Swiss & Global Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar.

07.08.2013, 09:54 Uhr

Redaktion: dab

Stärkerer Binnenkonsum und qualitatives Wachstum: „Chinas neue Führung, die seit Jahresbeginn im Amt ist, meint es ernst. Das Land befindet sich in einem wirtschaftlichen Übergangsprozess“, sagt Shi Cortesi. „Die Wirtschaftspolitik steht von nun an im Dienste der Entschuldung und einem Wachstum, das auf Qualität statt Quantität setzt“, so die Fondsmanagerin weiter. Anleger sprechen bereits von „Likonomics“, benannt nach dem Premierminister Li Keqiang, um die neuen wirtschaftspolitischen Massnahmen zu beschreiben. Im Zentrum der neuen Wirtschaftspolitik stehen die Ankurbelung des Konsums, die Aufwertung des Industriesektors sowie die Förderung neuer Technologien. Auch Überkapazitäten in der Schwerindustrie sollen adressiert werden. „Diese Massnahmen werden auf längere Sicht gewinnbringend für das Land sein, kurzfristig indes schmerzhaft“, erklärt Shi Cortesi. Die neue Regierung hat angedeutet, dass sie sich mit einer Wachstumsrate von 7,5 Prozent wohl fühle, und 7 Prozent als das Minimum erachte, um die Arbeitslosigkeit unter 5 Prozent zu halten und damit die soziale Stabilität zu gewährleisten. Es sind keine grossen Stimulus-Pakete geplant; die Regierung hat einzig eine Reihe von Investitionsprojekten identifiziert, um das Wirtschaftswachstum zu stabilisieren. Dazu gehören beispielsweise der Ausbau des Bahnverkehrs und der städtischen Verkehrswege sowie Investitionen im Umweltbereich (Wasser, Solar, Wind).

Gut positionierte Handelsunternehmen interessant für Anleger

Ein Element der neuen Wirtschaftspolitik ist es, höhere Einkommen und das Konsumwachstum zu fördern. „Höhere Einkommen kombiniert mit einer alternden Bevölkerung bieten günstige Voraussetzungen für Wachstum im Gesundheitssektor. Anleger sollten zudem den Konsumsektor nicht vergessen“, sagt Shi Cortesi. Auf längere Sicht wird dieser von Chinas Übergang zu einem konsumgetriebenen Wachstumsmodell profitieren. Auf kurze Sicht ist der Sektor zwar nicht immun gegen das schwächere Wachstum, aber eben dies könnte Anlegern interessante Einstiegsmöglichkeiten in Unternehmen bieten, die gut positioniert sind, um vom langfristigen Konsumwachstum zu profitieren. Zudem sollen Branchen mit hoher Wertschöpfung unterstützt werden, was wiederum dem Technologiesektor zugute kommen dürfte.

Chinas Neuorientierung hat weltwirtschaftliche Folgen

Die wirtschaftliche Abschwächung und Neuorientierung hat jedoch auch weltwirtschaftliche Folgen. „Vor allem Rohstoff-produzierende Länder bekommen die niedrigere Nachfrage nach Rohstoffen aus China bereits zu spüren, und die Lage dürfte sich nicht so schnell wieder verbessern“, erwartet Shi Cortesi. Das werde Druck auf die Währungen dieser Länder ausüben. Eine Währungsabschwächung könnte in Ländern wie Brasilien wiederum zu Inflation führen. Auch viele asiatische Länder sind aufgrund der engen wirtschaftlichen Verbindungen zu China betroffen.

Verarbeitende Industrie von Chinas Wirtschaftswandel kaum beeinflusst
Allerdings unterstreicht Shi Cortesi, dass niedrige Rohstoffpreise für das verarbeitende Gewerbe, wie Ölraffinerien, Hersteller von elektronischen Bestandteilen und Automobilproduzenten, dazu führen, dass dieser Wirtschaftszweig die Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums weniger stark spüren dürfte. Gerade Unternehmen aus Europa und den USA sind im Gegensatz zu Lateinamerika, Osteuropa, dem Nahen Osten und Afrika stärker in diesen verarbeitenden Industrien tätig und entsprechend gut aufgestellt. Japan ist vermutlich am wenigsten betroffen, da sich die meisten Unternehmen am oberen Ende der Wertschöpfungskette positioniert haben und die Korrelation zwischen japanischen und chinesischen Aktien relativ gering ist.

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