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Ausgedehnte Aufschwungphase mit niedrigen Zinsen

John Greenwood, Chefökonom bei Invesco.
John Greenwood, Chefökonom bei Invesco.

Nach einem von zaghafter Erholung gekennzeichneten Jahr hängen die globalen Wachstums- und Marktaussichten für 2014 vor allem von zwei Faktoren ab, meint der Chefökonom von Invesco, John Greenwood – „der Fähigkeit der US-Wirtschaft, den Wechsel von einer ultraexpansiven Geldpolitik zu höheren Zinsen ohne schwere Wachstumsrückschläge zu überstehen, und der Vermeidung erneuter Haushalts- oder Bankenprobleme in der Eurozone.“

07.01.2014, 15:37 Uhr

Redaktion: dab

An den globalen Rentenmärkten werde die Aussicht auf eine Normalisierung der Zinsen in den USA das Potenzial für Renditerückgänge in den nächsten drei bis fünf Jahren begrenzen. Da die US-Staatsanleiherenditen in diesem Zyklus jedoch in der Spitze nicht so hoch steigen dürften, rechnet er im Zeitraum bis 2018 mit längeren Phasen, in denen sich Anlagen in Unternehmens- und Hochzinsanleihen auszahlen könnten.

In seinem Wirtschaftsausblick für das erste Quartal 2014 prognostiziert der Chefökonom von Invesco eine ausgedehnte Aufschwungphase mit niedrigen Zinsen und gedämpfter Inflation. Dabei sieht er sowohl in den entwickelten als auch in den aufstrebenden Märkten klare Unterschiede beim Wachstumspotenzial, je nachdem, wie gross die Bilanzschäden sind, die es noch zu reparieren gilt.

Unter den Industrieländern erholen sich die am schnellsten, in denen die Bilanzgesundung im privaten Sektor am weitesten fortgeschritten ist, wie zum Beispiel die USA. In den aufstrebenden Märkten unterscheidet Greenwood zwischen den „Fragile Five“ – Brasilien, Indien, Indonesien, der Türkei und Südafrika – auf der einen und Volkswirtschaften wie Taiwan, Korea, Hongkong, Chile und Mexiko auf der anderen Seite. Greenwood zufolge werden die in den letzten Jahren sehr undisziplinierten „Fragile Five“ mit ihren wachsenden Leistungsbilanzdefiziten ein Jahr oder länger brauchen, um auf einen stabilen, nachhaltigen Wachstumspfad mit niedriger Inflation zurückzukehren. Dank ihrer umsichtigen Begrenzung des Kredit- und Geldwachstums sollten die letztgenannten Länder dagegen 2014 deutlich besser dastehen. Selbst in den stärkeren aufstrebenden Märkten aber werde das Wachstum gedämpft bleiben, solange sich der globale Handel nicht nachhaltig erholt.

In den USA rechnet Greenwood 2014 mit einer leichten Beschleunigung des realen BIP-Wachstums auf 2,5% und einer weiterhin niedrigen Inflationsrate von 1,5%. Auf der positiven Seite verweist er auf die guten Fortschritte bei der Entschuldung und Bilanzgesundung im privaten Sektor und den Aufbau einer guten Grundlage für einen ausgedehnten Aufschwung in den kommenden Jahren. Auf der negativen Seite nennt er die weiterhin hohe Arbeitslosigkeit und die Tatsache, dass die Wirtschaftsaktivität in vielen Sektoren noch hinter dem Vorkrisenniveau zurückliegt.

Angesichts des nachlassenden Geld- und Kreditwachstums rechnet Greenwood in der Eurozone höchstens mit einem mässigen Wachstum. Um hier für positive Impulse zu sorgen, müssten die EZB und die Geschäftsbanken der Eurozone ihre Bilanzen ausweiten. Stattdessen ist die EZB-Bilanz seit Januar geschrumpft, und die 2014 anstehende Prüfung der Vermögenswerte („Asset Quality Review“) sowie die darauffolgenden Stresstests dürften die Risikoaversion der Banken im Jahr 2014 nochmals verstärken. „Ohne eine expansive Fiskalpolitik und Kreditwachstum ist ein Aufschwung normalerweise nur mit einer Währungsabwertung denkbar. Aktuell gibt es aber kaum Aussichten auf eine deutliche Abwertung des Euro“, so Greenwood. In der Folge rechnet er in der Eurozone im Jahr 2014 nur mit einem BIP-Wachstum von 0,8% und einer Inflationsrate von 0,6%.

In Grossbritannien hat das Wachstum seit Anfang 2013 stetig an Fahrt gewonnen. Greenwood zufolge sind die Aussichten für 2014 ebenfalls deutlich besser als noch vor einem Jahr. Angesichts des nur langsam zurückgehenden Haushaltsdefizits hält er jedoch weitere Kürzungen der Staatsausgaben für erforderlich. Das schwache Wachstum in der Eurozone werde den Aussenhandel und die Unternehmensinvestitionen weiter dämpfen, während das schwache Lohnwachstum ein schnelleres Konsumwachstum verhindern werde. Daher stellt Greenwood der britischen Wirtschaft für 2014 auch nur ein relativ moderates BIP-Wachstum von 2-3% in Aussicht.

In Japan rechnet Greenwood mit einem realen BIP-Wachstum von 1,6%, da sich die von der Exportwirtschaft und den öffentlichen Investitionen befeuerte Erholung auf einem nachhaltigeren Niveau einpendelt. Seiner Einschätzung nach hat die Regierung nur die Hälfte ihres „Abenomics“-Programms, also die Wirtschaftspolitik von Premierminister Shinzo Abe, umgesetzt. So sei die Wirkung der expansiveren Geldpolitik bislang begrenzt, während die geplanten Strukturreformen überhaupt nicht angegangen worden seien. Hinzu kämen die zu erwartenden negativen Effekte der höheren Konsumsteuer und höherer Importpreise auf den privaten Verbrauch. Zugleich werde sich der globale Handel nicht ausreichend beleben, um die japanische Aussenbilanz nennenswert zu verbessern. Für 2014 prognostiziert Greenwood eine Jahresrate der Verbraucherpreisinflation von rund 1%.

Angesichts der anhaltenden Schwäche des globalen Handels bemüht sich China weiter um eine Verlagerung von einem exportgetriebenen Wachstumsmodell zu einer stärker binnenwirtschaftlich geprägten Wachstumsbasis. Wie Greenwood anmerkt, ist ein derartiger Strukturwandel jedoch weder einfach noch schnell umzusetzen – nicht zuletzt weil die chinesische Regierung weiter damit kämpft, das ausufernde Kreditwachstum im Schattenbankensektor unter Kontrolle zu bekommen. Auf ihrem 3. Plenum im November hat die Kommunistische Partei zwar ein umfangreiches Reformpaket vorgelegt. Wie Greenwood betont, ist aber noch offen, wie viele dieser Projekte tatsächlich umgesetzt werden. 2014 rechnet er in China mit einem BIP-Wachstum von 7,5% und einer Inflationsrate von 3,1%.

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