Anleihen befinden sich in der "Aufwärtsspirale"

Bild: Pixabay
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Viele Anleger profitieren derzeit vom günstigen Konjunkturumfeld. Auch wenn die Nervosität an den Börsen zuletzt deutlich abgenommen hat, warnen die Experten von Natixis Asset Management vor übertriebenem Optimismus.

03.01.2018, 13:38 Uhr

Redaktion: elt

Laut Philippe Wächter, Chefökonom bei Natixis Asset Management, hat sich die volkswirtschaftliche Lage inzwischen wieder erholt, so dass es Anleger mittlerweile mit einem vergleichsweise "normaleren" Umfeld zu tun haben. Sowohl in den Industriestaaten als auch in den Schwellenländern beurteilen die Unternehmensleitungen ihr Umfeld derzeit positiv – eine Einschätzung, die zur Schaffung neuer Arbeitsplätze sowie zu mehr Investitionen führen dürfte.

Die Privathaushalte sind ebenfalls zuversichtlich und die Gefahr einer Deflation ist abgewendet worden. Hinzu kommt, dass die aktuelle Lage durch eine lockere Haushaltspolitik gestützt wird. Es stellt sich aber nach wie vor eine Frage: Wie vertragen sich Erwartungen hinsichtlich einer sehr guten konjunkturellen Entwicklung mit einer anhaltenden monetären Lockerung? Wächter ist der Meinung, dass die Notenbanken diesen wirtschaftlichen Optimismus akzeptieren und gleichzeitig an ihrer lockeren Geldmarktpolitik festhalten müssen.

Negative Folgen durch politische Entwicklungen
Wächter vertritt die Auffassung, dass man drei Risikofaktoren genau im Auge behalten sollte. Zunächst einmal wird der Brexit nicht nur die britische Wirtschaft treffen, sondern auch einige europäische Wirtschaftszweige, wie beispielsweise die Segmente Luftfahrt, Banken und Automobile. Darüber hinaus gibt die aktuelle Überprüfung der US-Bankenaufsicht im Hinblick auf die Stabilität des Finanzsystems durchaus Anlass zur Sorge. Und drittens sind auch die neuerlichen Verhandlungen über das NAFTA-Abkommen besorgniserregend, weil sich potenzielle Modifikationen dieser Vereinbarung für die drei Mitgliedstaaten als ungünstig erweisen könnten. Ausserdem könnten dadurch auch die übrigen Freihandelsabkommen in Frage gestellt und neu verhandelt werden. Dies aber würde die Weltwirtschaft gefährden.

"Im Jahr 2018 könnte der aktuelle Zyklus zwar seinen Zenit erreichen, aber wir werden zweifellos an einen Wendepunkt gelangen", führt Wächter aus. Und für Europa muss dies den Beginn eines neuen Zeitalters einläuten. Die führenden Köpfe der Eurozone müssen die Chancen, die ein robustes Wirtschaftsumfeld sowie ein rückläufiger Populismus eröffnen, nutzen, um ihre Wirtschaftspolitik sowie die Reformierung der Institutionen weiter voranzutreiben, schliesst der Chefökonom.

An den Anleihenmärkten gilt: Das Glück ist mit den Mutigen
Ibrahima Kobar, stellvertretender Chief Executive Officer und Co-Chief Investment Officer bei Natixis Asset Management, ist davon überzeugt, dass Rentenfonds im Jahr 2018 attraktive Anlagechancen bieten: "Wir stehen am Beginn einer für Anleihen positiven Phase, die gewissermassen durch eine Aufwärtsspirale bestimmt wird". Die Gründe dafür sieht er in eine fest umrissene Geldmarktpolitik sowie Klarheit bezüglich der zukünftigen Zinsentwicklung. "Die politischen Risiken, die Anfang 2017 noch zu beobachten gewesen waren, liegen mittlerweile weit hinter uns, und obwohl externe Schocks nicht vollständig ausgeschlossen werden können, wissen die Märkte mittlerweile, wie sie solche Ereignisse einpreisen müssen", so Kobar weiter.

Vor diesem Hintergrund sollte 2018 für Anleiheninvestoren ein gutes Jahr werden, in dessen Verlauf wegen der aktuellen Knappheit an Papieren mit deutlichen Überzeichnungen von Emissionen zu rechnen ist. Angesichts nach wie vor grösstenteils negativer realer Zinsen ist es auch weiterhin entscheidend, aktiv nach Rendite Ausschau zu halten. Seitens der Anleger ist also Mut gefragt. Gleichzeitig weist Ibrahima Kobar darauf hin, dass Staatsanleihen aus den europäischen Peripheriestaaten nun attraktive Anlagechancen eröffnen sollten, sofern es bei den US-Zinsen sowie bei Dollar nicht zu einem Schock kommt.

Gleiches gilt insbesondere auch für Papiere aus jenen Schwellenländern, welche die Inflation in den Griff bekommen haben und auf den Wachstumspfad zurückgekehrt sind. Trotz enger Zinsdifferenzen können zwar auch Hochzinsanleihen Erträge bieten, aber dabei bedarf es eines äusserst selektiven Investmentansatzes. Mit Hilfe von Wandelanleihen werden Anleger angesichts einer positiven Tendenz an den Aktienmärkten ebenfalls Renditen erzielen können. Letztlich wird es entscheidend sein, die Duration – also die historische Komponente der Performance – mittels Produkten, die kurz und lang laufende Papiere miteinander kombinieren, geschickt zu steuern, um so auch wechselnden Marktumfeldern Rechnung zu tragen.

Dynamik und Flexibilität an den Aktienmärkten
Für Yves Maillot, Leiter europäische Aktien bei Natixis Asset Management, ist das aktuelle volkswirtschaftliche Umfeld für Aktien nahezu perfekt. "Die Normalisierung der Geldmarktpolitik, Schwankungen der Wechselkurse oder erneut aufkommende Wertschwankungen könnten dieses Umfeld jedoch trüben. Im Jahr 2018 wird 'Dynamik' mehr denn je das Leitmotiv an den europäischen Aktienmärkten sein. Allerdings muss man bei der Einzeltitelselektion auch weiterhin flexibel agieren", erklärt Maillot.

"Ausserdem müssen wir uns auf die M&A-Aktivitäten konzentrieren, die im nächsten Jahr wieder anziehen dürften. Dies gilt insbesondere für die Branchen Lebensmittel und Getränke, Gesundheit und Pharma, Telekommunikation sowie Technologie", erklärt Maillot. Gemäss dem Leiter europäischer Aktien sollten sich kleinere und mittelgrosse Unternehmen ebenfalls weiter erfreulich entwickeln. Schliesslich werden sich auch an den Schwellenländermärkten attraktive Anlagechancen bieten, da diese Börsenplätze von einem kräftigen Wachstum und von attraktiven Bewertungen profitieren. "Die asiatischen Schwellenländer stufen wir in diesem Zusammenhang als am attraktivsten ein", sagt Maillot.

Aber ebenso wie in den Industriestaaten sei angesichts der nach wie vor bestehenden Risiken auch hier Flexibilität gefragt. "Denn die drei Tendenzen, die sich 2017 noch als vorteilhaft erwiesen haben (ein schwächerer Dollar, steigende Rohstoffpreise sowie ein anziehendes Gewinnwachstum), halten unter Umständen nicht an", schliesst Maillot.

Asset Allocation: Ein "Contrarian"-Ansatz, um Renditen zu erzielen
Das aktuelle Marktumfeld komme risikobehafteten Anlageformen zwar zugute, bleibe aber fragil, meint Franck Nicolas, Head of Investment & Client Solutions bei Natixis Asset Management: "Die Anleger halten in entsprechenden Papieren zurzeit beträchtliche Engagements, so dass bereits das kleinste Störfeuer – von technisch bedingten Gewinnmitnahmen einmal ganz zu schweigen – an einem dieser Märkte eine wahre Kettenreaktion und damit eine Abwärtsspirale auslösen könnte."

Eine lineare Entwicklung im nächsten Jahr sei mit Vorsicht zu betrachten. Laut Nicolas wird die Herausforderung darin bestehen, ein Portfolio zu strukturieren, das attraktive Renditen erzielt, dabei aber flexibel und anpassungsfähig bleibt, um auf jede Veränderung zügig reagieren zu können. Vor diesem Hintergrund setzt die Gesellschaft bevorzugt auf europäische Aktien, die derzeit von einer vergleichsweise lockeren Geldmarktpolitik profitieren und ausserdem relativ attraktiv bewertet sind, obwohl das Aufgeld für das politische Risiko wohl noch eine Weile Bestand haben dürfte.

Schwellenländermärkte, die durch hohe Rohstoffpreise gestützt werden, sind ein weiteres Thema. "Wir werden die lateinamerikanischen Märkte aber auch weiterhin meiden und uns stattdessen auf die Schwellenländer Asiens und Osteuropas konzentrieren. An diesen Märkten werden wir unser Augenmerk hauptsächlich auf in Hartwährungen denominierte Anleihen richten, da die Schwellenländerwährungen nach wie vor mit Risiken behaftet sind. Derweil hat Gold zwar an Attraktivität eingebüsst, wird im Falle von Wertschwankungen an den Aktienmärkten aber ein 'sicherer Hafen' bleiben," sagt Nicolas zum Schluss.

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