Nach dem jüngsten Sprung der US-Zinsen über die Drei-Prozent-Marke dürften die Sätze den grössten Teil ihres Weges nach oben hinter sich haben. Gleichzeitig haben sich die Bewertung und das Ertragspotenzial US-amerikanischer Staatsanleihen verbessert. Zu dieser Einschätzung kommt Witold Bahrke, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management.
26.06.2018, 10:24 Uhr
Redaktion: cwe
Durch den jüngsten Sprung der US-Zinsen über die Drei-Prozent-Marke sind viele Investoren in der Klemme. Sie wittern auf der einen Seite eine gute Kaufgelegenheit, fürchten andererseits aber das Risiko weiter steigender Renditen. Für sichere US-Zinspapiere sprechen nicht nur die verbesserten Renditeaussichten. Auch ihr Ruf als sicherer Hafen ist so lebendig wie lange Zeit nicht mehr, stellt Witold Bahrke, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management, fest. In Zeiten steigender Volatilität an den Finanzmärkten bedeutet das in der Konsequenz ein attraktives Chance-Risiko-Profil auch wenn die Zinsen in den USA noch etwas steigen sollten. Bahrke zufolge resultiert der jüngste Anstieg der US-Renditen auf zyklischen Faktoren. Die fundamentale makro-ökonomische Situation habe sich dagegen nur wenig verändert. Die Aussicht auf weiterhin niedrige Zinsen in den USA bestünden daher fort. Die Unterstützung für steigende Zinsen nimmt in dem Masse ab, wie die Wachstumsdynamik der US-Wirtschaft von ihrem zyklischen Hoch abnimmt, so Bahrke.
Der Nordea-Experte weist darauf hin, dass zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der Anstieg der nominellen Zinsen von Dauer ist: Das reale Wachstumspotenzial der US-Wirtschaft müsse steigen und die Phase niedriger Inflationsraten zu Ende gehen. Der technologische Fortschritt mündet bislang jedoch nicht in höhere Produktivität und durch die alternde US-Gesellschaft ebbt der Zustrom neuer Arbeitskräfte in die Wirtschaft ab. Beides wirkt wie ein Bremsklotz auf das reale Wachstum, so Bahrke. Die Amazonifizierung in der Wirtschaft hat die Produktivität der Beschäftigten in Summe bislang nicht erhöht. Der Anstieg des Wirtschaftswachstums ist daher vor allem zyklischer Natur und markiert nicht etwa einen strukturellen Quantensprung raus aus einem Umfeld mit niedrigen Wachstumsraten.
Inflationsgefahren bleiben begrenzt
Es bleibe als zweiter Faktor die Inflation. Der negative Effekt einer alternden Bevölkerung auf die Produktivität zügelt den Anstieg der Löhne und die müssten steigen, um die Inflation anzuheizen, führt Bahrke aus. Dazu kommen ihm zufolge die hohe Verschuldung in den USA und der technische Fortschritt. Alles zusammen Faktoren, die die Inflationsgefahren begrenzen. Daher ist wiederum auch der aktuelle Anstieg der Preise in der US-Wirtschaft vor allem zyklisch getrieben, so der Nordea-Stratege. Aus einer Top-Down-Perspektive gesehen ist das Aufwärtspotenzial der US-Renditen somit begrenzt durch die Fundamentaldaten. Jedenfalls engen die historisch gesehen immer noch niedrige Inflation und das niedrige Wachstum den Spielraum nach oben ein.
US-Anleihen sind durch den Renditeanstieg in den vergangenen Monaten sowohl nach absoluten als auch relativen Maßstäben attraktiver geworden. Egal, ob ein Investor das Ziel verfolgt, sein Kapital abzusichern oder seine Erträge zu maximieren: An US-Zinspapieren kommt er derzeit kaum vorbei, so Bahrke. Denn: Auch real gesehen haben sich deren Renditen verbessert trotz gestiegener Inflationsraten! Er weist darauf hin, dass die reale Rendite zweijähriger Treasury-Bonds auf dem zyklischen Tief bei -2,1% lag. Jetzt steht sie bei 0,6%. Das bedeutet: Die Investoren müssen nicht mehr ihre Durationrisiken erhöhen, um reale positive Renditen zu bekommen, erklärt der Experte.
Punkten können US-Staatsanleihen auch in relativer Hinsicht. Der Renditeabstand zu Bundesanleihen ist auf den höchsten Stand seit den 1990er-Jahren geklettert. Der signifikante Aufschlag aus Sicht von Euro-Investoren dürfte dazu führen, dass viele von ihnen das Dollar-Risiko in begrenztem Mass für ein Investment akzeptieren werden, sagt Bahrke. Der Grund für die unterschiedliche Zinsentwicklung hüben und drüben des Atlantiks sei, dass sich das Wirtschaftstempo in der Eurozone im laufenden Jahr verlangsamt habe, während es in den USA stabil geblieben sei. Zusammen mit erhöhten politischen Risiken wird dies dazu führen, dass der geldpolitische Kurs der Fed und der Europäischen Zentralbank weiterhin unterschiedlich verlaufen wird, ist Bahrke überzeugt.
MBS gegenüber Treasuries bevorzugen
Die Aussicht auf einen möglichen weiteren Anstieg der Zinsen sollte Investoren seiner Ansicht nach nicht schrecken: Die Renditen zweijähriger Treasury-Bonds müssten auf Jahressicht um 150 Basispunkte steigen, damit der Kursverlust in etwa den Coupon aufzehrt, erklärt er. Es braucht also damit schon eine sehr rigide Fed, um diesen Zinspuffer zu pulverisieren. Selbst wenn die Fed so aggressiv vorgehen würde Risikoanlagen dürften dann darunter noch viel stärker leiden.
Investoren empfiehlt der Nordea-Experte den Fokus auf US-Schuldner zu legen und sich hypothekenbesicherte Anleihen (Mortgage Backed Securities, MBS) näher anzuschauen. Sie bieten einen Renditeaufschlag gegenüber den Treasuries, aber mit dem gleichen Rating, so Bahrke. Im Vergleich zu anderen Investment-Grade-Papieren weisen MBS zudem geringere Bonitäts- und Durationrisiken auf. Das sollte sich Bahrke zufolge auszahlen: Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass der Kreditzyklus dreht und die Volatilität ihr Tief verlassen hat. Daher finden vor alle renditeorientierte Investoren, die ihre Anlagerisiken herunterskalieren wollen, bei MBS bessere Lösungen als bei Unternehmensanleihen.
"ESG ist wichtig, aber es wird die Welt nicht verändern"
27.06.2022, 16:12 Uhr
Bei ESG geht es um Verhaltensweisen. Und laut Nick Parsons von Thomas Lloyd haben die am besten geführten Unternehmen der Welt schon gute Verhaltensweisen an den Tag gelegt, lange bevor der Begriff ESG überhaupt...
Der neue Rohstoff-Superzyklus: Grüne Welle für die Emerging Markets
27.06.2022, 11:45 Uhr
Um bis 2050 CO2-neutral zu werden, müssen etwa 56 Bio. USD in Infrastruktur investiert werden. Metalle wie Kupfer, Lithium und Kobalt spielen hier eine zentrale Rolle. Der Klimaschutz befeuert somit die Nachfrage und...
Eine Korrektur bedeutet nicht, dass die Märkte billig sind
27.06.2022, 05:00 Uhr
Die Märkte haben korrigiert. Dennoch seien sie immer noch überbewertet, sagen Daniel Morgan und Marc Abrahams von Ninety One. Die Strategen erklären, in welchen Aktien- und Anleihensegmenten sie jetzt Chancen sehen.
Impact rückt in den Mittelpunkt des Investoreninteresses
26.06.2022, 06:00 Uhr
Globale Ziele wie die Sustainable Development Goals und das Pariser Abkommen sind für Investoren wichtiger denn je, wie der jüngste Bericht von NN Investment Partners über die Wirkung der Impact-Strategien für...
Kreislauflösungen – nicht nur dreifache Bedrohung für Lieferkettenprobleme
24.06.2022, 13:39 Uhr
Die Gewissheit des Klimawandels in Kombination mit der Ungewissheit geopolitischer Entwicklungen bedeuten, dass die Risiken für die Lieferketten grösser denn je sind. Natalie Falkman von Robeco erläutert, wie...
Die Weltraumwirtschaft ist den Kinderschuhen entwachsen. Zu dem Schluss kommt Michael Barr von Neuberger Berman. Er hält Investment-Chancen der Weltraumwirtschaft für vergleichbar mit denen der Smartphone-Industrie.
Bereits seit Monaten orientieren sich sowohl die Aktien- als auch die Anleihenkurse angesichts einer unerquicklichen Kombination von Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen gen Süden. Es ist ein ungewöhnlich...
In volatilen Zeiten, geprägt von hoher Inflation, suchen Anleger nach Investmentalternativen – und finden sie zunehmend im Privatmarkt-Bereich. Trotz hoher Bewertungen lassen sich laut Sweta Chattopadhyay von...
Attraktive Spreads bei europäischen Hochzinsanlagen
22.06.2022, 14:29 Uhr
Die stark gestiegenen Spreads und die hohe Schuldnerqualität sprechen für Sandro Näf, Manager des Nordea 1 – European High Yield Bond Fund, für ein Engagement in den europäischen Hochzinsmarkt.
Vorsorge: Welche Säule bietet den grössten Mehrwert?
22.06.2022, 05:00 Uhr
Die 2. und 3. Säule weisen laut einer Analyse der UBS ein ähnlich starkes künftiges Renditepotenzial auf. Und sie können dank dem "dritten Beitragszahler" höhere Renten für geringere Beiträge längerfristig...