Nitesh Shah, Director of Research bei WisdomTree, sieht die Entwicklung der Emerging Markets positiv. Er ist der Meinung, dass die meisten negativen Nachrichten bei Schwellenländer-Assets schon eingepreist sind.
08.02.2019, 14:52 Uhr
Redaktion: rem
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hängt wie ein Damoklesschwert über der Weltwirtschaft. Der Konflikt kann gelöst werden oder eskalieren. Wie beurteilen Sie die Situation?
Nitesh Shah: Wie bei vielen Aspekten der Politik unter der gegenwärtigen Trump-Administration wird nichts in Stein gemeisselt, und es gilt stets, einen Deal zu schliessen. Im Moment haben sich die USA und China auf einen Waffenstillstand geeinigt - das heisst, sie werden bis zum 1. März 2019 keine neuen Zölle einführen, während sie weiterhin über den Handel diskutieren. Das deutet darauf hin, dass protektionistische Spannungen auftauen und es möglicherweise zu einer Lösung kommt. Solange beide Seiten sich so verhalten können, als hätten sie etwas Positives erreicht, kann ein Deal abgeschlossen werden. Der Deal muss allerdings für das jeweils heimische Publikum gut klingen. Für China wird die Abwendung einer neuen Zollrunde wichtig sein, da das Land mit einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums zu kämpfen hat. Die USA erwarten von China, dass es strukturelle Veränderungen an seinem Wirtschaftsmodell vornimmt. Das Hauptanliegen der USA ist der erzwungene Wissenstransfer. Die USA wollen auch ihr Handelsdefizit mit China verringern. Dies wird wahrscheinlich dazu führen, dass China feste Zusagen zum Kauf von US-Waren macht.
Welche Folgen hätte das Worst-Case-Szenario für die Schwellenmärkte, insbesondere Asien?
Das hängt eindeutig davon ab, welches das Worst-Case-Szenario ist. Angenommen, die USA erhöhen die Zölle von 10% auf 25% auf die chinesischen Importe im Wert von 153 Milliarden US-Dollar, dann würde dies die chinesischen Exporte dämpfen. Wenn Trump Zölle auf alle chinesischen Waren einführt (Zölle auf zusätzliche 267 Mrd. USD an Wareneinfuhren), wären die Auswirkungen auf den Handel entsprechend stärker und dürften das BIP-Wachstum in China weiter beeinträchtigen. Es bestehen jedoch Chancen für andere Schwellenländer, wenn die chinesischen Exporte für die US-Verbraucher teurer werden. Die Verlagerung des Handels auf andere Schwellenländer könnte für einen Silberstreifen am Horizont sorgen. Angesichts der Vernetzung der asiatischen Lieferketten könnte eine Verlangsamung der chinesischen Nachfrage jedoch auch andere asiatische Länder tangieren.
Welche Konsequenzen hätte das gute Szenario?
Die Annahme eines guten Szenarios würde die Abschaffung aller im vergangenen Jahr eingeführten bilateralen Zölle bedeuten sowie die Verpflichtung, keine neuen mehr einzuführen. In so einem Fall wären wohl deutliche Entlastungen bei Industriemetallen und bei Schwellenländer-Aktien zu verzeichnen. Eine Zurückhaltung bezüglich erneuten Anpassungen der Lieferketten könnte dazu führen, dass bestimmte Güter und Waren strukturell teurer bleiben als vor Beginn des Handelskrieges.
Wie sollten sich Investoren in Schwellenländern derzeit verhalten?
Unserer Meinung nach sind die meisten der negativen Nachrichten bei Schwellenländer-Assets eingepreist worden, was den Grund dafür unterstreicht, dass sie derzeit mit hohen historischen Bewertungsabschlägen gegenüber den entwickelten Märkten gehandelt werden. Darüber hinaus haben wir in vielen der schwächeren Schwellenländer eine strukturelle Trendwende erlebt, die sich noch nicht in den Anlagepreisen der Schwellenländer niedergeschlagen hat. Schwellenländer sind deshalb starke Wertanlagen.
Wo sehen Sie weitere grosse Risiken für die Schwellenländer?
Zwei Risiken wären für die Schwellenländer ein weiteres Jahr mit einem starken US-Dollar und die Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums. Wir betrachten beides als Risiken und nicht als unsere Basisszenarien der globalen Entwicklung.
Warum?
Die Schwellenländer werden dieses Jahr unterstützt durch einen starken Inlandsverbrauch mit 4.7% ein ungefähr doppelt so hohes Wirtschaftswachstum haben wie die entwickelten Märkte mit 2,1%. Mit dem Beginn der spätzyklischen Investitionen haben sich die Rahmenbedingungen für die Schwellenländer verbessert, was sich in einem Abklingen der US-Dollar-Stärke, einer schwächeren russischen Federal Reserve, einer stabilen Wachstumsdynamik und einer Entspannung der Handelsbeziehungen zeigt.
Aufgrund der zahlreichen Risiken wird für 2019 eine hohe Volatilität der Finanzmärkte erwartet. Welche Herausforderungen stellt dies für die Anleger dar? Welche Strategien und welche Produkte gibt es in solchen Marktphasen?
WisdomTree verfolgt eine einzigartige Strategie zur Auswahl von Aktien mit hoher Dividende, die eine Ausrichtung sowohl auf Wert- als auch Hochertrags-Segmente in den Schwellenländern ermöglicht. Der WisdomTree Emerging Markets Equity Income Index verzinst sich mit einer Rendite von 6,35% und profitiert von einem erheblichen Dividendenvorteil gegenüber dem Benchmark MSCI Emerging Markets Index (MXEF). Der Index handelt auch mit einem signifikanten Bewertungsabschlag (23,5% Abschlag) gegenüber der Benchmark. Noch wichtiger ist, dass der WisdomTree Emerging Markets Equity ETF in einigen der volatilsten Jahre der Schwellenmarkt-Performance eine deutliche Risikominderung nach unten gebracht hat.
China öffnet sich langsam und wird als Investmentmarkt immer interessanter. Wie stabil ist China und was sind die Hauptrisiken für Investoren in China?
China öffnet sich weiter, aber bewusst langsam, sodass starke Kapitalbewegungen das Wachstum nicht destabilisieren. Die steigende Verschuldung auf kommunaler Ebene ist ein Bereich, den Investoren als Risiko betrachten sollten, aber wir glauben, dass die Zentralregierung über die Ressourcen verfügt, um das Problem einzudämmen, denn während die lokalen Regierungen viele Schulden haben, trifft dies für die Zentralregierung nicht zu.
Da die Märkte in China besonders volatil sind, empfehlen verschiedene Anbieter den Investoren, in aktiv verwaltete Finanzprodukte zu investieren. Wie ist Ihre Position dazu?
Mit aktiv verwalteten Produkten ist es schwierig, auf eine breite Palette von Basiswerten zuzugreifen. Eine grosse Vielfalt ist nützlich, um das Risiko zu diversifizieren.
Was empfehlen Sie, wie kann und sollte man in China investieren?
Der Zugang zu einer grossen Vielfalt lässt sich leichter erreichen, wenn man einen Index wie S&P China 500 verfolgt, der 500 der grössten und liquidesten chinesischen Unternehmen umfasst.
Gold befindet sich im Aufwärtstrend. Was sind Ihre Prognosen für den Ölpreis im Jahr 2019? Was wäre ein "fairer" Preis für die Schwellenmärkte?
Wir gehen davon aus, dass Gold das Jahr voraussichtlich in der Nähe von 1370 USD/oz beenden wird, da mehr Anleger Gold zur Absicherung gegen zyklische Risiken in ihren Portfolios nutzen. Viele geopolitische Risiken dürften Investoren dazu motivieren, die Goldpositionen zu erhöhen. Zum Beispiel die Gefahr eines erneuten Shutdowns der Regierung in den USA, ein ungeordneter Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU oder Zentralbanken, die sich trotz Anzeichen einer Konjunkturverlangsamung zu einer Straffung der Geldpolitik hinreissen lassen. Der Brent-Ölpreis könnte 70 bis 75 US-Dollar pro Barrel erreichen, wenn die OPEC die Produktion kürzt. Das Kartell hat sich verpflichtet, 1,2 Mio. Barrel zu kürzen, könnte aber leicht auch mehr kürzen, da die von der Vereinbarung ausgenommenen Länder (Venezuela, Libyen und Iran) wahrscheinlich auch weniger produzieren werden.
In welche Rohstoffe sollte man investieren?
Ein breites Spektrum von Rohstoffen dürfte an Fahrt gewinnen. Gold und Öl sind oben erwähnt. Auch die Industriemetalle dürften von einer Entlastungsrally profitieren, sollten sich die Handelsspannungen verringern. In diesem Umfeld könnte eine breite Allokation beispielsweise von Rohstoffen auch starke Diversifikationsvorteile haben.
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