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Haben EM-Anleihen noch Potenzial?

Andrew Keirle und Mike Conelius, Portfoliomanager bei T. Rowe Price
Andrew Keirle und Mike Conelius, Portfoliomanager bei T. Rowe Price

Emerging-Markets-Anleihen hatten in 2013 mit einigen Turbulenzen zu kämpfen. Hat sich der Wind nun gedreht? Die T. Rowe Price Anleihenexperten Mike Conelius und Andrew Keirle geben im Interview mit Fondstrends eine aktuelle Einschätzung.

03.10.2014, 10:16 Uhr

Redaktion: jod

Nach einem turbulenten Jahr 2013 haben sich die Anleihenmärkte von Schwellenländern im laufenden Jahr deutlich erholt. Was sind die Gründe für diese Erholung?

Mike Conelius: Schwellenländer-Anleihen waren im Jahr 2013 diejenige Anlageklasse mit einer wirklich unterdurchschnittlichen Performance. Wir haben hier einige ziemlich willkürliche Geldabflüsse gesehen – nachdem wir im Nachgang der Finanzkrise einen überhasteten Ansturm auf die Schwellenländer-Anleihen erlebt hatten. Anfang 2014 waren Emerging Markets-Anleihen fast die einzige Anlageklasse, die man günstig nennen konnte. Das niedrige Preisniveau war zwar angesichts des unsicheren geopolitischen Umfeldes und der ökonomischen Unsicherheiten in gewissen Ländern teilweise gerechtfertigt, doch haben die Märkte überreagiert. Verringerte politische Unsicherheiten bewirkten auch einen Stimmungswandel und die Investoren richteten ihren Fokus wieder auf die vorhandenen Gelegenheiten. Allgemein gesprochen kamen Schwellenländer-Anleihen dabei sowohl ihre Bewertungen als auch technische Faktoren zu Gute. Sie profitierten vom Interesse von Investoren, die in dieser Anlageklasse unterinvestiert waren, nachdem sie gut ein Jahr zuvor überinvestiert gewesen waren.

Präsentieren sich Schwellenländer-Anleihen auf einer risikobereinigten Basis insgesamt weiterhin attraktiv?

Mike Conelius: Die Bewertungen sind sicher nicht mehr so attraktiv wie vor sechs Monaten. Doch die Erträge sind durchschnittlich immer noch höher als vor dem sogenannten "Taper-Tantrum" zu Beginn des Jahres 2013, als die Märkte auf die erste Warnung der Fed reagierten, dass man damit beginnen werde, die Anleihenkäufe im Rahmen des Quantitative-Easing-Programmes zurückzufahren. Wir denken, dass Schwellenländer-Anleihen im Vergleich zu den Anleihen der Industrieländer weiterhin attraktive Bewertungen bieten. Allerdings sehen wir nicht viel Raum für eine weitere Verringerung der Spreads. Unter dem Strich wird das Jahr 2014 möglicherweise zu einer Übung in Sachen Abtrennen von Kupons.

Welches sind die hauptsächlichen externen Risiken für die Anleihenmärkte von Schwellenländern?

Andrew Keirle: Ein Thema, dass in vielen Köpfen herumgeistert, ist die Möglichkeit, dass die US-Zinssätze mit dem Rückzug der Fed aus dem Quantitaive-Easing-Programm steigen werden. Das erste Halbjahr 2014 hat insofern etwas überrascht, als dass die Renditen der US-Schatzanweisungen sanken anstatt zu steigen. Dies war jedoch gewissen temporären Faktoren geschuldet wie beispielsweise den Unsicherheiten hinsichtlich der Wachstumstrends. Mit Blick auf die Zukunft erwarten wir eine Trendwende bei den US-Renditen, was kurzfristigen Gegenwind für die Schwellenländer-Anleihen bedeuten könnte.

Wie sieht es mit der Geldpolitik in den Schwellenländern selbst aus? Bietet sie Schwellenländer-Anleihen eher Unterstützung oder sorgt sie eher für weiteren Gegenwind?

Andrew Keirle: Einige Länder haben die Zinssätze im vergangenen Jahr angehoben, einerseits zur Inflationsbekämpfung, andererseits aber auch zur Verteidigung ihrer Währungen, wenn sich die Kapitalflüsse zu ihren Ungunsten entwickelten. Viele wichtige Währungen, einschliesslich des brasilianischen Real, der türkischen Lira und der indischen Rupie, haben sich im ersten Halbjahr 2014 jedoch entweder stabilisiert oder haben Wertzuwächse verzeichnet. Die geldpolitischen Strategien der Zentralbanken sind deshalb unterschiedlich. Derzeit muss jedes Land für sich selbst betrachtet werden, was es uns ermöglicht, durch Länderselektion und Zinskurven-Positionierung Wert zu generieren.

Die geopolitischen Instabilitäten, die wir im laufenden Jahr gesehen haben – beispielsweise die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten – sowie der technische Zahlungsausfall Argentiniens haben das Rally in Schwellenländer-Anleihen nicht ausgebremst. Weshalb nicht?

Mike Conelius: Diese Ereignisse haben zwar Perioden der Volatilität mit sich gebracht, ich denke jedoch, dass die Investoren schlussendlich beschlossen haben, dass es sich dabei um länderspezifische, nicht um systemische Volatilitäten gehandelt hat. Dies im deutlichen Unterschied zu den Marktreaktionen, die wir in der Vergangenheit beobachten konnten. Ich denke, die Leute, die sich täglich am intensivsten mit dieser Anlageklasse beschäftigen – Asset Manager wie wir selbst mit eingeschlossen –, fokussieren sich auf die Fundamentaldaten und sind bereit, zwischen einzelnen Ländern, Sektoren und Unternehmen zu unterscheiden. Dies hat den Märkten dabei geholfen, einige der spezifischen geopolitischen Risiken durchzustehen.

Im Jahr 2013 war oft von den so genannten "fragilen Fünf" – Brasilien, Indien, Indonesien, Südafrika und die Türkei – die Rede. Bieten diese Länder weiterhin Grund zur Sorge?

Andrew Keirle: Viele der Bedenken in Bezug auf die «fragilen Fünf» hatten ihre Ursache in einer Kombination von wirtschaftlicher Anfälligkeit – bedingt durch hohe Leistungsbilanz- und/oder Haushaltsdefizite – und politischen Risiken, da in allen fünf Ländern Wahlen bevorstanden. Seither haben in Indien, Indonesien, Südafrika und der Türkei Wahlen stattgefunden, deren Resultate von den Märkten entweder positiv oder zumindest neutral aufgenommen wurden. In Brasilien stehen die Wahlen noch bevor und ihre Resultate dürften die gesamtwirtschaftlichen Aussichten für viele Jahre prägen. Inzwischen haben viele Schwellenländer ihre internen und externen Schwächen reduziert, womit sich das Umfeld günstiger präsentiert.

Schafft das Auseinanderdriften der geldpolitischen Strategien weltweit Gelegenheiten, um mittels aktiver Währungsabsicherung durch Overlay-Strategien Überrenditen und Alpha zu generieren?

Andrew Keirle: Ja, in der Tat. Zur Finanzierung unserer Schwellenländer-Allokationen gehen wir jetzt schon seit einiger Zeit Netto-Shortpositionen in Industrieländer-Währungen mit niedrigen Zinsen und geringer Volatilität ein. Wir halten Long-Positionen in US-Dollar und es könnte sich hier eine gewisse Stärke zeigen, wir denken jedoch, dass die meisten anderen Industrieländer-Währungen schlechter abschneiden dürften als ausgewählte Schwellenländer-Währungen. Derzeit verwenden wir den Euro, das britische Pfund, den Schweizer Franken, den australischen Dollar, den kanadischen Dollar sowie den japanischen Yen zu Finanzierungszwecken und vor kurzem haben wir eine Netto-Shortposition in neuseeländischem Dollar eröffnet. Wir profitieren aber auch von Gelegenheiten, die sich innerhalb der verschiedenen Schwellenländer-Währungsmärkte ergeben – beispielsweise, indem wir eine Long-Position in malaysischem Ringgit mit einer Short-Position in philippinischem Peso paaren. Das Grundthema lautet: Long-Positionen in Währungen, die Aufwertungspotenzial besitzen, sei es durch Wachstum-, Zinssatz- oder Reform-bedingten Rückenwind, und Short-Positionen in Währungen von Ländern mit weicher Geldpolitik, von denen wir zudem glauben, dass es zu einer Wechselkursschwäche kommen könnte.

Welche US-Dollar-Anleihen scheinen attraktiver, Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen?

Mike Conelius: Anfang 2014 erschienen Staatsanleihen von Schwellenländern relativ betrachtet ziemlich attraktiv. Das Ende der Neigebewegung war jedoch in diesem Sommer erreicht, als es in Staatsanleihen zu einem Rally kam und die Bewertungsdiskrepanzen schwanden. Wenn überhaupt, denken wir, dass Unternehmensanleihen von Schwellenländern derzeit die Nase vorn haben. Dies angesichts grösserer Wachstumschancen in den Schwellenländern und einem direkten Zugang der betreffenden Unternehmen zu den Konsumenten in diesen Märkten. Zudem bieten sie durchschnittlich kürzere Laufzeiten. Wenn Sie steigende Zinssätze mit Blick auf die Zukunft für das bedeutendste Risiko halten, ist Ihnen mit Unternehmensanleihen aus Schwellenländern deshalb womöglich besser gedient. Abgesehen davon handelt es sich hier um einen Sektor mit ausgeprägtem "Bottom Up"-Charakter, in dem unternehmensspezifische Unterschiede eine grosse Rolle spielen. Fundamentalanalyse sowie Wertpapierselektion sind deshalb von zentraler Bedeutung.

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