Markus Tischer, Senior Quantitative Analyst und Portfoliomanager bei Bantleon
In einer beeindruckenden Ralley legte der DAX von März 2009 bis Mai 2011 um bis zu 112 Prozent zu. Am zyklischen Höchststand fehlten gerade mal 7,25 Prozent bis zur Bestmarke von 8151 Punkten vom Juli 2007. Hauptursache für diesen Kursanstieg war laut Bantleon die sehr positive konjunkturelle Entwicklung in Deutschland.
08.06.2011, 16:27 Uhr
Redaktion: hes
Die zu erwartende Wachstumsabschwächung in der zweiten Jahreshälfte 2011 und technische Signale sprächen aber für deutlichen Gegenwind und ein Rückschlag bis unter 6100 Punkte erscheine durchaus möglich. Markus Tischer beantwortet zu diesem Thema fünf Fragen.
Herr Tischer, was spricht gegen eine Fortsetzung der DAX-Hausse? Markus Tischer: Aus markttechnischer Sicht spricht auf den ersten Blick nichts gegen eine Fortsetzung der Hausse. So wurde die Kursrallye in der Vergangenheit mehrmals von der 200-Tagelinie unterstützt. Derzeit verläuft diese signifikante Kursmarke bei 6876 Punkten, gut 4 Prozent unterhalb des aktuellen Kursniveaus. Darüber hinaus ist der seit März 2009 bestehende Aufwärtstrend noch intakt und verläuft bei 6830 Zählern. Ein Erreichen dieser Unterstützungen war bei Rückschlägen bislang regelmässig eine Kaufgelegenheit. Dennoch ziehen bei genauerer Betrachtung dunkle Gewitterwolken über dem deutschen Aktienmarkt auf. Und das sowohl von fundamentaler als auch von markttechnischer Seite.
Was bedeutet das konkret? Der Höchststand des IFO-Index wurde bereits im Februar 2011, also drei Monate vor dem Hochpunkt des DAX erreicht. Seitdem fällt das Konjunkturbarometer und deutet damit auf eine bereits in Gang gekommene konjunkturelle Abkühlung hin. Damit lief der Motor des DAX im vergangenen Quartal gewissermassen ohne Öl, was früher oder später zu einem kapitalen Motorschaden führen könnte. Dass der Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Konjunkturdynamik und der Performance des Aktienmarktes in den vergangenen Jahren sehr stabil war und damit eine hohe Relevanz hat, zeigt eine Gegenüberstellung der Jahresveränderungsraten des DAX und der konjunkturellen Frühindikatoren. Auffallend ist vor allem die Tatsache, dass die zyklischen Wendepunkte nahezu identisch sind. Dies zeigt auch, dass die uns bevorstehende konjunkturelle Abkühlung nicht nur ein deutsches Phänomen ist, sondern die gesamte Eurozone betrifft.
Und wie sieht die Entwicklung der technischen Indikatoren aus? Auch aus markttechnischer Sicht mehren sich die Argumente für ein Ende des über zweijährigen Bullenmarktes. Zum einen wurde die jüngste Welle der Aufwärtsbewegung von 6483 Punkten im März 2011 bis auf 7600 Punkte im Mai 2011 nicht mehr durch eine Zunahme der Trendstärke untermauert. Demzufolge war dieser Abschnitt bereits Teil der Konsolidierung und nicht mehr der dynamischen Aufwärtsbewegung zuzuordnen. Zum anderen erreicht der Indikator im Gegensatz zum Markt keine neuen Höchststände mehr ebenfalls ein auffälliges Warnsignal. Aus charttechnischer Sicht kommt erschwerend hinzu, dass sich der Bruch des seit Dezember 2007 bestehenden Abwärtstrends am 29. April 2011 als klassische Bullenfalle erwiesen hat. Eine solche Entwicklung steht oft am Ende einer zyklischen Bewegung, weil die Positionierung der Marktteilnehmer in diesem Umfeld sehr einseitig ist und einen Extremwert erreicht. Bestätigt wird dieses Szenario durch einen Bruch des Aufwärtstrends des Euro Stoxx 50. Damit ist die aktuelle Marktschwäche nicht auf eine Sondersituation des DAX zurückzuführen, sondern hat eine breitere Basis.
Gibt es weitere Hinweise auf eine DAX-Korrektur? Ja, denn auch der jüngste Renditerückgang am deutschen Anleihenmarkt weist darauf hin, dass der aufkommende Konjunkturpessimismus sich bereits auf die Kapitalmärkte auswirkt. Eine Ansteckung anderer Anlageklassen dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein. Ganz zu schweigen von den Schlagzeilenrisiken wie der Krise der Eurozone, der Schuldenkrise in den USA und der Atomkrise in Japan, die im Fall einer Eskalation viele Anleger aus den risikobehafteten Anlageklassen in sichere Häfen treiben dürfte.
Was ist Ihr Fazit? Das Chance-Risiko-Verhältnis einer Investition im DAX, also in deutschen Standardwerten, hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verschlechtert. Deshalb rechne ich mittelfristig mit einer Fortsetzung der Abwärtskorrektur, die den übergeordneten Aufwärtstrend bei 6830 Punkten in ernste Gefahr bringen könnte. Bricht dieser Trend, dann dürften weitere Gewinnmitnahmen der Anleger die Entwicklung zusätzlich belasten. Eine Korrektur könnte den DAX in diesem Fall bis unter 6100 Punkte drücken, ehe wieder mit verstärkten Käufen zu rechnen ist. Darüber hinaus signalisieren unsere vorlaufenden Frühindikatoren eine nachlassende Wachstumsdynamik für die zweite Jahreshälfte, was auch von fundamentaler Seite für zunehmenden Gegenwind für die Aktienmärkte spricht.
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