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China: Das Comeback der Blue Chips

Jian Shi Cortesi, Portfoliomanagerin bei GAM
Jian Shi Cortesi, Portfoliomanagerin bei GAM

Drei Jahre nach dem Start des Shanghai-Stock-Connect-Programms, das Anlegern ausserhalb von China den Zugang zu lokal kotierten Aktien ermöglicht, erklärt Jian Shi Cortesi, Portfoliomanagerin Asiatischer Aktien bei GAM im Interview mit Fondstrends, welche Auswirkungen dies auf ihre Strategie hatte.

27.11.2017, 14:54 Uhr

Redaktion: elt

Wie erfolgreich war die Lancierung des Stock-Connect-Programms?

Jian Shi Cortesi: Für ausländische Investoren ist es wichtig zu wissen, dass es zwei separate Programme in China gibt, welche die Börsen in Shanghai und Shenzhen mit dem Aktienhandel in Hongkong verbinden. Das Shanghai-Connect-Programm wurde 2014 eingeführt, und das Pendant in Shenzhen folgte im vierten Quartal des letzten Jahres. Ersteres erwies sich sofort als grosser Erfolg bei den ausländischen Anlegern, die ihre tägliche Quote von 13 Milliarden Yuan schon lange vor dem Ende des ersten Handelstags ausgeschöpft hatten. Im Gegensatz dazu kam das zweite Programm nur sehr langsam in Gang. Vermutlich war dies aber auf die vergleichsweise höheren Bewertungen in Shenzhen und die Tatsache zurückzuführen, dass chinesische Aktien letztes Jahr noch nicht in wichtige internationale Benchmarkindizes aufgenommen worden waren. Nachdem MSCI seine Haltung in Bezug auf die Aufnahme von A-Aktien in seine Indizes mittlerweile geändert hat, scheint sich das Interesse internationaler Anleger definitiv zu beleben – auch wenn diese Repräsentation nur allmählich von einer sehr schmalen anfänglichen Basis aus angehoben wird.

Konnten Sie vor der Lancierung der Connect-Programme in lokale A-Aktien anlegen?

Die einfache Antwort ist "ja", aber es war natürlich viel schwieriger als heute. Zuvor ermöglichte das QFII-Programm internationalen Vermögensverwaltern den Zugang zum lokalen Markt. Aber jedes Unternehmen benötigte eine eigene Zulassung und erhielt eine individuelle Quote. Infolgedessen war den meisten der Zugang effektiv verwehrt. Wir konnten auch über von Brokern strukturierte Partizipationsscheine investieren, und tun dies in einigen Fällen immer noch.

Die Stock-Connect-Programme müssen die Liquidität verbessert haben. Wie hat sich das auf Ihre Strategie ausgewirkt?

Das hatte überhaupt keine strategischen Auswirkungen für uns, da unser Portfolio keinen besonders hohen Umschlag aufweist. Da wir uns auf den Wandel der chinesischen Wirtschaft von einer produktionslastigen zu einer konsumorientierten Wirtschaft konzentrieren, ist das Portfolio auf Konsumthemen und -trends ausgerichtet, die ziemlich langfristig sein können. Deshalb führen wir keine häufigen Handelstransaktionen durch. Stattdessen halten wir unsere Aktienpositionen, solange sich das Geschäft in die richtige Richtung bewegt und die Bewertungen angemessen sind.

Wie haben die Connect-Programme die allgemeine Handelsdynamik verändert?

Der lokale Markt wird traditionell von Privatanlegern dominiert, die sich weit stärker auf das Momentum und kurzfristige Anlagen konzentrieren. Infolgedessen werden sie natürlich stärker von Small Caps angezogen, wo die Kursbewegungen intensiver sind, und sie achten in der Regel weniger auf die Bewertungen. Aus Gesprächen mit inländischen Fondsmanagern entnehmen wir zunehmend eine Tendenz zur Veränderung ihrer Strategien auf einen "westlicheren" Ansatz. Während ihr Stil in der Vergangenheit eher spekulativ war – effektiv versuchten sie zu beweisen, dass sie die Privatanleger mit ihren eigenen Waffen schlagen können – werden sie jetzt stärker von Blue Chips angezogen. Zunehmende internationale Zuflüsse in die Connect-Programme dürften das Gleichgewicht weiter zugunsten von Blue Chips verändern.

Welches Engagement hält Ihr Portfolio ungefähr in A-Aktien?

Da wir uns auf Veränderungen des Binnenkonsums konzentrieren, gilt unser Interesse in erster Linie den Sektoren zyklische Konsumgüter, (konsumentenorientierte) Technologie und Gesundheit. Eine Reihe von Aktien in diesen Bereichen ist seit Jahren an der Hongkonger Börse kotiert. Deshalb besteht in einigen Fällen eine Überschneidung aufgrund von Doppelkotierungen. Andere Titel können aber nur über A-Aktien gekauft werden, dem zweitgrössten Aktienmarkt der Welt hinter den USA. In dieser Phase des Wandels in China beträgt unser Gesamtengagement in A-Aktien rund 8% des Portfolios. Wir erwarten jedoch, dass dieser Anteil im Laufe der Zeit erheblich steigen wird.

Wie haben sich die Connect-Programme auf die Performance Ihrer Strategie ausgewirkt?

Der zunehmende Fokus anderer Marktteilnehmer auf Blue Chips trägt zweifellos dazu bei, die Kurse einiger Aktien in unserem Portfolio in die Höhe zu treiben. Denn wir konzentrieren uns darauf, die besten Chancen bei den Large Caps unter den A-Aktien ausfindig zu machen, die zu unserem übergeordneten Anlagethema passen und mit einem Abschlag gehandelt werden. Lange Zeit sorgte die Dominanz spekulativer lokaler Anleger am A-Aktienmarkt für eine Outperformance von Small Caps gegenüber ihren grösseren Pendants, obwohl sich die Bewertungslücke zunehmend ausweitete. Im Gegensatz dazu ist die Wertentwicklung des ChiNext Index, der teuer bewertete Aktien mit hohem Handelsvolumen erfasst, seit Anfang des Jahres bis zur zweiten Novemberwoche sogar negativ, während der CSI 300 Index grösserer A-Aktien um 21% gestiegen ist. Dies ist eine Veränderung der Dynamik, die sich unserer Meinung nach noch fortsetzen kann, und die relativen Bewertungen untermauern diese Sichtweise. Zurzeit notiert der ChiNext mit einem prognostizierten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 32, während der CSI 300 mit 15,4 erheblich günstiger ist. Wir erwarten, dass sich diese Bewertungslücke weiter schliessen wird.

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